Die Entdeckung radioaktiver Elemente gab am Ende des 19. Jhs. die Erklärung für lange Zeit rätselhafte Beobachtungen an Heilquellen. Ihre Wirksamkeit, vor allem bei rheumatischen Erkrankungen, war nun gezielt nutzbar. Bereits 1904 wies Karl Aschoff Radium, Thorium und „Radiumemanation“ (Radon) in den Salinenprodukten nach, reicherte sie an und stellte frühe radiopharmazeutische Präparate her. In Zusammenarbeit mit Kreuznacher Ärzten und Kliniken wurden hier die Grundlagen eines neuen Zweiges der Bäderwissenschaft gelegt, der „Radiobalneologie“. Das Heilbad Kreuznach boomte dank der internationalen Radioaktivitätseuphorie. Bis zum Ersten Weltkrieg galt die Kurstadt als ein „Kompetenzzentrum“ dieser Therapie. Im Vortrag wird gezeigt, welche Techniken der Applikation hier erforscht wurden; Emanationsbäder, Trinkkuren, Neumannsche Aktivatoren oder die erste Anwendung von Radon in einem Heilstollen.
In einer eigenen „Radiumfabrik“ wurden die radioaktiven Elemente für diese Zwecke konzentriert. Das Radiologische Institut und die Krebsklinik in Heidelberg wurden von hier mit Präparaten versorgt. Der enorme Aufschwung der Kurstadt manifestierte sich im Bau eines neuen Bäderhauses und repräsentativen Kurhauses. Der Krieg sollte diese Entwicklung jäh unterbrechen, während ihm im „Radium-Taumel“ der 1920er-Jahre neue Bäder in anderen Teilen Deutschlands – mit vielfach höherer natürlicher Aktivität – den Rang streitig machten. Dargestellt werden unter anderem die Bemühungen Aschoffs, den Kurort im Gespräch zu halten. Anhand seines Briefwechsels, seiner Vorträge und eines Hörbildes können wir auch seine späten Forschungen nachvollziehen, die er mit Hans Cauer, dem „Vater der Luftchemie“, oder seinem Freiburger Vetter Ludwig Aschoff durchführte. Bis heute wird die Therapie im Stollen zur Behandlung rheumatischer Schmerzen erfolgreich praktiziert.
Eine Kooperationsveranstaltung des Schloßparkmuseums, der GuT und des Vereins für Heimatkunde für Stadt und Kreis Bad Kreuznach. Der Eintritt ist frei.
Dr. Michael Vesper
Historisches Foto Radonstollen: Stadtarchiv Bad Kreuznach
