Haus der Stadtgeschichte

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Charlotte Eberwien schreibt und fotografiert für das Corona-Tagebuch

Gesundheitswesen stark eingeschränkt – Erlebter Unfallbericht


Bei dem Versuch aufzustehen bemerke ich, daß ich meinen linken Fuß nur noch unter Extremschmerzen belasten kann. Unter Schock begreife ich, daß etwas ganz Schlimmes passiert sein muss. Humpelnd erreiche ich die Haustür, den Aufzug, die Wohnungstür – verrückt werdend vor Schmerzen. Ein kaltes Fußbad bringt leider keine Linderung. Schock und Panik breiten sich aus. „Wie bekomme ich jetzt ganz rasch Erste Hilfe?“ Es ist tiefe Nacht, Totenstille auf den Straßen, die Ärzte im Krankenhaus schlafen, ich beschließe bis 06.00 Uhr zu warten und dann einen Krankenwagen anzurufen – ich will doch Niemandem die Nachtruhe rauben und lege mir Eiskompressen auf den linken Fuß.    

So gegen 06.00 Uhr rufe ich die 112 an. Was für eine nette und beruhigende Männerstimme, während wir telefonieren wurde schon der Krankenwagen und Helfer organisiert. Da ich in der 6.Etage wohne und der Aufzug für eine Behelfsbare viel zu klein ist, bittet mich dieser freundliche Mann am Telefon den Aufzug zu nutzen und zur Hauseingangstür zu kommen. Panik und Schock breiten sich weiter in mir aus, ich hatte mich daheim doch entkleidet und soll mich nun ankleiden, frisieren, im Gesicht nett zurecht machen und dabei den linken Fuß voll belasten???!!! Trotz unendlich starker Schmerzen tue ich wie mir empfohlen wurde, belaste und schädige meinen Fuß also ohne Rücksicht auf Verluste.

Es dauert keine 7 Minuten, da kommt auch schon der Krankenwagen und ein Helfer mit eine Behelfsliege kommt zu mir an die Haustür. Im Krankenwagen liege ich auf der Behelfsliege und werde zum Unfallhergang und meinen Personendaten befragt. Dann versucht der Ersthelfer die Verletzung am linken Fuß zu finden und zu diagnostizieren. Sein Daumendruck auf die Unfallstelle am Knochen führt zu einem lauten Aufschrei meinerseits. Er ruft die Krankenhäuser an und fragt nach einem verfügbaren Notarzt. Ich dachte immer, wir hätten 24 Stunden Notdiensteinsatz der Ärzte an unseren deutschen Krankenhäusern?!  Auf der Fahrt zum Krankenhaus sehe ich zum ersten Mal die Häuser der Alzeyer Straße von unten. Ungewöhnliche Perspektive für eine Fotografin.

Zum „Glück“ ist es Sonntagmorgen, keine Autos unterwegs, kein stop-and-go auf der sonst so verkehrsreichen Alzeyer Straße, so daß wir rasch im Krankenhaus ankommen. Dort empfängt mich in der Notaufnahme ein wirklich sehr freundliches Helferteam. Wir warten fast eine Stunde bis eine Ärztin sich um mich kümmert, meinen Puls misst, mich befragt, den linken Fuß röntgt und mir weitere 30 Minuten später die Diagnose berichtet: Knochenbruch, Heilung in 4-6 Wochen. Schock und Panik lassen mich innerlich ohnmächtig werden. Ich fühle mich total hilflos. Da ich von einem anderen Unfall einen linken Stütz-Walk-Schuh daheim habe, legt mir die Ärztin nur einen Verband um den linken Fuß und Unterbein, ich erhalte zwei Gehhilfen und soll am nächsten Tag den Hausarzt aufsuchen, damit ich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Arbeitgeber erhalte. Ich werde in einem Rollstuhl zum Eingang der Chirurgie gefahren und soll ab da die Gehhilfen benutzen. „Wie bitte soll ich denn jetzt aufstehen ohne meinen linken gebrochenen Fuß zu belasten, der nur verbunden ist?“ In meinem Zustand – Schock, Schmerzen, Übergewicht, über 60 Jahre alt – soll ich das linke Bein anwinkeln und beide Krücken beim Gehen benutzen. Aber wie? Niemand zeigt mir wie ich das machen soll. Wut steigt in mir auf - neben Schockzustand, Panikattacken und enormen Schmerzen. „DAS ist also heute in Zeiten der Corona Pandemie unser sogenanntes gutes Gesundheitssystem?“ „Warum kann ich nicht wenigstens eine Nacht stationär bleiben, um Schmerzmittel zu erhalten und mich von Panik und Schock zu „erholen“?“ Niemand hat gefragt, ob ich alleine lebe oder nicht!    

Bleiben Sie bitte gesund, vorsichtig wegen des Corona Virus und kommen Sie nie als Single in meine Situation !!!

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