Adventskalender 2022
Jeden Tag ein neues Türchen zur Bad Kreuznacher Stadtgeschichte
24.

Es ist schwer keine feierliche Stimmung zu empfinden, wenn man vor einem solchen Fenster steht, wie es der Kreuznacher Künstler Friedrich Best erschaffen hat.
Im Vordergrund sitzt Maria auf einem, mit einem weißen Laken bedeckten Strohbett. Sie hält den kleinen Jesus auf ihrem Schoß. Die beiden Gesichter, mit Heilgenschein umrahmt, nehmen das Zentrum des Bildes ein. Maria sieht mit mildem und etwas sorgenvollen Blick auf ihr Kind, das von ihr abgewandt und mit der rechten Hand noch ihren Ärmel umklammernd, das Linke Händchen zum Segensgestus erhoben hat.
Hinter ihnen stehen Ochs und Esel im Mittelgrund, letzterer neigt seinen Kopf zum Heu hinunter um zu fressen. Der Ochs schmiegt sich fast an die gemauerte Wand, welche zwischen zwei neugotisch filigran verzierten Bögen steht und den Stall begrenzt. Ihre Darstellung in der Szene belegt die Erfüllung der Prophezeiung über die Ankunft des Messias. Auch verweisen sie auf den Propheten Jesaja (1, 3): "Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennt's nicht, und mein Volk vernimmt’s nicht." Theologisch sind die Tiere somit wichtiger als Josef, der Mann Marias und Ziehvater Jesu. Dieser steht daher im Hintergrund, ruhend mit der Hand an der Stirn, in der anderen den Wanderstab, das Attribut des Zimmermanns. Seine Haltung mit halbgeschlossenen Augen weist darauf hin, dass er die Anweisungen Gottes im Schlaf erhielt. Sie drückt Zweifel aus und zeigt, dass er die Geschehnisse nicht wirklich versteht. Über Josef schwebt der helle gelbe Stern, der Christi Geburt ankündigt und den Hirten und Königen den Weg zur Krippe weist.
Das 44,2 x 22,5 große Bleiglasfenster aus partiell Neuantikglas mit Schwarzlotbemalung und Schablonendruck ist eine Arbeit aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Künstlich aufgebrachte Alterungsspuren und die Stilistik des Motivs lassen es älter erscheinen als es ist. Trotz des Namens wird in Bleiglasfenstern kein Bleiglas verwendet.
Sein Erschaffer Friedrich Best wurde am 11. März 1880 in Bad Kreuznach geboren, ging hier zur Schule, begann seine Lehrzeit als Maurer. Er studierte in Düsseldorf und Nürnberg und schloss sein Studium 1902 als Glas- und Kunstmaler mit Auszeichnung ab. Von 1906-08 studierte er in der Architekturklasse der Akademie der bildenden Künste in München. Im Anstreichergeschäft Andreas Kuhnen in Bad Kreuznach hatte er seine erste Anstellung als Glasmaler. Nach einem Studienaufenthalt in Italien 1910 und seiner Zeit als Soldat von 1915 bis 1918 leitete er mit seinem Bruder Hans Best (1874-1968) ein gemeinsames Architekturbüro. Am 14. November 1946 verstarb er im Alter von 66 Jahren in Bad Kreuznach. Seine Tochter führt das künstlerische Erbe als Kunstmalerin Ute Eichenauer Best weiter fort. (Sarah Förster)
23.

Hallo,
ich bin das Archivhörnchen des Haus der Stadtgeschichte. Wie ihr seht, darf ich im Weihnachtsbaum des Stadtarchivs sitzen. Da gefällt es mir sehr gut, denn im Haus der Stadtgeschichte gibt es immer etwas zu sehen. Hierher kommen BenutzerInnen, die Familienforschung betreiben oder was über die Stadtgeschichte von Bad Kreuznach erfahren möchten. Wieder andere geben ihre persönlichen Gegenstände, wie z. B. alte Briefe, Fotos, Ansichtskarten, Pläne, Zeichnungen etc. als Schenkung ab. Im Haus der Stadtgeschichte finden auch Veranstaltungen in Form von Ausstellungen, Vorträgen und Workshops statt. Ihr seht, hier ist viel los und es gibt jede Menge zu tun für das Team. Langweilig wird es hier nicht.
Ich wohne seit dem Einzug im März 2020 im Haus der Stadtgeschichte, als Erinnerung an unser altes Stadtarchiv. Dies befand sich im alten Pförtnerhäuschen im Schloßpark und dort tollten immer Eichhörnchen umher. Unser altes Stadtarchiv war viel zu klein für die vielen Archivalien. Deshalb musste ein größeres Haus her, welches auch eine sichere Lagerung für die Archivalien bietet. Da kam das Haus des ehemaligen Betten-Golling grade Recht. Es wurde umgebaut und erweitert, so dass wir im Jahr 2020 endlich dort einziehen konnten.
Das Foto von mir, ist letztes Jahr bei der „Weihnachtsbaum- Aktion“ des Stadtarchivs entstanden. Die BürgerInnen wurden aufgerufen, ihren Weihnachtsbaum zu fotografieren und uns zukommen zu lassen. Vielleicht habt ihr auch Lust einen Beitrag zu schreiben.
Wir suchen aktuell immer noch Beiträge zur Corona-Pandemie. Ihr könnt euch gerne auf unserer Homepage www.bad-kreuznach.de/stadtarchiv darüber informieren. Dort findet Ihr auch noch alle anderen Beiträge zu unserem diesjährigen Adventskalender.
Vielleicht sehen wir uns mal im Haus der Stadtgeschichte. Wir würden uns freuen!
Das Team des Haus der Stadtgeschichte und natürlich ich, das Archivhörnchen, wünschen friedvolle und besinnliche Weihnachten und alles Gute für das neue Jahr.
(Nadine Müller)
22.

Dass der Lichterbaum, nicht nur zur Weihnachtszeit‘ die gute Stube schmücken darf, das ersann die Phantasie eines Schriftstellers. Im wirklichen Leben ist die festlich geputzte Fichte schon nach Tagen, allenfalls Wochen Geschichte. Den Weihnachtsbaum von Jahr zu Jahr im Foto zu dokumentieren, ist das Steckenpferd ausgemachter Enthusiasten.
Als Fritz Senner (1885-1976) sein Baum-Bild ,schoß‘, hatte er dafür einen anderen, einen besonderen Grund. Man schrieb das Jahr 1941, Deutschland führte Krieg, und der einzige Sohn, Fritz junior (1921-2015), war als Soldat der Luftwaffe von Jüterbog ins verbündete Italien verlegt worden. Weihnachten mußte er also fern der Heimat feiern, im sizilianischen Catania. An Heiligabend schrieb ihm sein Vater: „Der Baum ist genau so schön ausgefallen wie jedes Jahr, nur ein klein wenig kleiner, aber doch schön und ich kann es eben nicht anders, er muß immer so sein, daß man seine Freude hat und Dir zu Liebe habe ich besondere Sorgfalt verwandt und in Deinem geistigen Auge kannst Du ihn Dir vorstellen. Er steht am selben Platz, habe nach Möglichkeit wieder einen großen Teil unseres Schmuckes verwandt und es leuchteten 10 Kerzen am Baum! Denkst Du noch daran an den heiligen Abend von 1940, wo die zwei Italiener vom Eisenbahnbauzug auf kurze Zeit bei uns weilten unterm brennenden Lichterbaum, und nun bist Du selbst in diesem Lande! Wenn ich anführte, daß ich den größten Teil unseres Schmuckes verwandt habe, so muß ich noch hinzufügen, daß ich alle Glöckchen daran befestigt habe an der Spitze angefangen, symbolisch, daß sie möglichst bald den Frieden einläuten möchten und die alte Verheißung komme: ,Friede auf Erden!‘“
Den ungewöhnlichen Besuch hatte der Sohn seinerzeit in seinem Tagebuch vermerkt: „Ein stiller Weihnachtsabend; ein paar italien. Arbeiter, die Zigaretten kaufen wollen, müssen unsern Weihnachtsbaum bewundern.“ Die Lebensmittelhandlung Senner in der Bleichstraße 26 war, wie damals üblich, bis in die Abendstunden des 24. Dezember geöffnet.
Am 4. Januar 1942 hat Fritz, an Silvester zum Gefreiten befördert, den Brief seines Vaters beantwortet. „In diesem Lande ist das Fest mehr eine Sache der Form als des Herzens, die deutsche Innigkeit und Inbrunst bei der Geburt des Lichtes fehlt in den mittelmeerischen Ländern, wo der Jahresablauf nicht solchen klimatischen Änderungen ausgesetzt ist wie im jetzt winterlichen Deutschland. Ein kleines Tannenbäumchen hatten wir uns auch geschmückt, die Kerzen stammten noch aus Frankreich, den Baumschmuck hatten wir uns in Jüterbog besorgt, aus dem feurigen Ätnawein bereiteten wir uns einen feinen Punsch, dem die Zimtstangen aus unserm Laden eine duftende Würze verliehen. Wir saßen dann gemütlich beisammen, aßen Plätzchen, rauchten, hörten Radio und waren mit unsern Augen beim glänzenden Lichterbaum, mit unsern Gedanken in der Heimat. An die Italiener, die Weihnachten 1940 an unserm Lichterbaum standen, habe auch ich dabei gedacht. Wie seltsam doch das Schicksal mit uns spielt! Nun ruhen all die herrlichen Spielsachen, die mir im Laufe der Jahre das Christkind bescherte, in der großen gelben Kiste und der kleine Bub, der sonst so gern mit seinen Soldaten spielte, ist selbst einer geworden und spielt nun Krieg.“ (Dr. Martin Senner)
21.

Am Ufer der Nahe – vermutlich im Salinental in Bad Kreuznach um 1930 – ziemlich direkt vor dem*der Fotograf*in hat sich eine dick mit Schnee bedeckte, transparente Eisscholle über einen anderen Eisbrocken und abgestorbene, kärgliche winterliche Pflanzenreste geschoben. Sie ragt nun vor der bewaldeten, aber kahlen, anderen, hügeligen, verschneiten Uferseite nach oben. In ihr steckt der ein oder andere abgeknickte dünne Ast. Von außerhalb des Bildausschnitts scheint fahle Wintersonne von oben auf das Motiv.
Wenn auch in landschaftlich deutlich kleinerer Dimension und vom Sujet her weniger dramatisch erinnert diese Schwarz-Weiß-Aufnahme an eines der berühmtesten Bilder der Kunstgeschichte, nämlich an Caspar David Friedrichs (1774–1840) Das Eismeer, 1823/24. Für das Foto wurde ebenfalls die bedrohliche, zerstörerische und gleichzeitig faszinierende Kraft der Natur in Form der sich schräg auftürmenden Eisscholle aufgegriffen, die von einem sicheren Standpunkt aus beobachtet wird. Die dramatische Zuspitzung des Motivs durch ein vom arktischen Eis zerdrücktes Schiff bei Friedrich fehlt hier allerdings und auch der Hinweis auf das Transzendente mit durch die Wolken hindurchbrechendem Licht ist nicht mehr präsent. Von der symbolischen Aufladung der Natur mit ihrer Brutalität und der Andeutung einer göttlichen, himmlischen Instanz bei Friedrich ist hier trotz der Referenzen an das große Vorbild eine eher sachlich wirkende Phänomen-Beobachtung vor heimatlicher Kulisse geworden. (Caroline Heise)
20.

Im Nachlass des aus Österreich stammenden und seit 1897 in Kreuznach ansässigen Holzbildhauers Franz Ignaz Vacek (1874-1953) befinden sich Fotopostkarten von seinen Werken. Sie dienten ihm in erster Linie zu Werbezwecken. Darunter eine Aufnahme, die eine Krippenszenerie andeutet. Um das in einer Futterkrippe liegende Kind, es trägt einen Heiligenschein, knien betend ein Mann und eine Frau. Im Hintergrund der Personengruppe stehen zwei Schafe. Die Verbindung mit dem Christuskind definiert die Figuren als Maria und Josef. Von ihnen existieren weitere Fotopostkarten, die das Augenmerk des Betrachters auf die gesamte Ausführung lenken und besonders die Gesichtszüge der kleinen Skulpturen detailliert zeigen. Diese waren so angelegt, dass jede Figur für sich, ohne Bezug zur Krippe, auch als Andachtsfigur Verwendung finden konnte.
Der Holzbildhauer Vacek wirkte viele Jahrzehnte in Kreuznach. Er stellte figurale und ornamentale Holzschnitzarbeiten für Kunst-, Bau- und Möbelschreiner her und übernahm Ausschmückungen von Kirchen und Kapellen. Außerdem fertigte er Zimmerdekorationen an, wie Konsolen, Spiegel, Bilderrahmen und Rahmen für Fotografien, auch geschmackvoll geschnitzte Fassböden. Oft arbeitete er zusammen mit ortsansässigen Künstlern und Handwerkern an einem Projekt. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm er viele Aufträge von Ortsgemeinden und Vereinen, die Ehrentafeln für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten wünschten, wobei er im Wesentlichen die Holzrahmen gestaltete, die mit seinen Schnitzereien versehen waren. Auch seine reich verzierten geschnitzten Fassböden waren bis in die 1930er Jahre gefragt und wurden bis nach Amerika verkauft. Vacek beschäftigte in seiner Holzbildhauerei und kunstgewerblichen Werkstätte, die im Zentrum der Stadt lag, zeitweise vier Hilfskräfte. Seine Werke kennzeichnete er mit den Initialen F. Vacek.
1908 wurde er als Lehrkraft für Modellieren an die Kreuznacher Berufsschule berufen, eine Tätigkeit, die er bis 1933 ausübte. Ab 1929 bot er als Fachlehrer und mit behördlicher Genehmigung Zeichenunterricht für Handwerk und Kunstgewerbe an und bereitete, wenn gewünscht, in Tages- und Abendstunden auf die Meisterprüfung vor.
Historisch bedeutsam ist seine bis heute erhalten gebliebene Arbeit am sogenannten Ratszimmer im Historischen Fausthaus. Ob eine Krippe mit Figuren von Franz Vacek existiert ist unbekannt.
Vielleicht entdecken Sie in Ihrem Haushalt eine Arbeit von Vacek! (Franziska Blum-Gabelmann)
19.

„Weihnachten naht!“ Daß diese Mahnung in deutscher Schreibschrift gesetzt ist, verweist das Inserat schon auf den ersten Blick in eine etwas fernere Vergangenheit. Die französischsprachige Fußzeile erlaubt die nähere Einordnung.
Ort und Zeit: ‘Trizonesien‘, die Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Druckerzeugnisse der Zensur der zuständigen Siegermacht unterlagen. Und das war für Kreuznach von 1945-51 eben Frankreich. Immerhin, die Zeichen der Normalisierung und des wirtschaftlichen Aufschwungs mehrten sich. An der Einhorn-Apotheke (Mannheimer Str. 128) war 1948 „die erste der Außenuhren, die von der städtischen Betriebs- und Verkehrsgesellschaft elektrisch gesteuert werden, wieder angeschlossen und in Betrieb genommen worden“, das Trümmergrundstück Dexheimer an der Alten Brücke (Mannheimer Str. 69) wurde abgeräumt und, just an Silvester, die Umwandlung des berüchtigten Bretzenheimer Kriegsgefangenenlagers in ein solches für „Emigranten“ angekündigt, namentlich für „die Insassen des Ukrainer-Lagers auf dem Kuhberg“. Adam Ingenbrand aus dem Steinweg 2 meldete sich „aus der Kriegsgefangenschaft“ zurück und hatte „ab 29. Nov. 1948 meinen Leichentransport und Lohnkutscherei wieder übernommen“.
Erschienen war diese Anzeige am 1. Dezember in der »Allgemeinen Zeitung«, laut Eigenwerbung die „führende Tageszeitung der französischen Zone“, im Einzelverkauf für 15 Pfennig, im Monatsabo für 2,90 D-Mark zu haben. Wer sich dazu einen echten Bohnenkaffee leisten wollte, freute sich über das 65-Pfennig-Angebot von ,Millemann‘ (Mannheimer Str. 105): „Mokka-Türk in Stanniol-Packung (für 1 Kanne)“. Sparen konnte man woanders – indem man sich bei ,Zigarren-Kost‘ (Kreuzstr. 51) eine einzelne Zigarette ,Equator‘ geben ließ, für ganze 10 Pfennig. Mit der neuen Währung war das Leben zwar berechenbarer, aber nicht unbedingt billiger geworden. Zum Beispiel die Weihnachtspost: Der Versand eines Päckchens kostete nun 60 Pfennig (unter dem Hakenkreuz waren es 40 Reichspfennig gewesen).
Bis 1934 hatte unsere Stadt drei Tageszeitungen besessen. Dann waren die »Kreuznacher Zeitung« und der »General-Anzeiger« dem Gleichschaltungsdrang der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen. Der »Oeffentliche« hatte neben dem parteiamtlichen »Nationalblatt« (Simmerner Ausgabe) weiterbestehen dürfen, angeblich, weil NSDAP-,Kreisleiter‘ Ernst Schmitt stolz darauf war, in Kreuznach eine ,eigene‘ Zeitung zu haben. Dauerte es deshalb so lange, bis das traditionsreiche ,Blättche‘ den Segen der Alliierten erhielt? Erst am 27. September 1949 war der »Oeffentliche« vollumfänglich wieder da, mit der triumphierenden Schlagzeile: „Endlich erreicht!“
Seit dem 3. Dezember 1945 war ein täglicher »Anzeigendienst des Oeffentlichen Anzeigers« herausgekommen, in der Regel als einseitig bedruckte Ein-Blatt-Ausgabe. Vom 28. Juni 1947 an hieß die Gratis-,Zeitung‘ dann »Oeffentlicher Anzeiger«, mit dem Untertitel: „Anzeigendienst – Amtliche Bekanntmachungen der Kartenstelle Bad Kreuznach“. Erst ab dem 9. Juli 1948 trägt jede Nummer, so auch die vom 27. November, einen (französischen) Zensurvermerk. Der Begriff affichage bezeichnet einen Anschlag (: Plakat) bzw. Aushang, was hinreichend erklärt, warum die Rückseite frei bleiben mußte. In diesem Punkt unterscheidet sich die Publikation von einem Vorläufer aus dem 19. Jahrhundert – jenem „Beiblatt“ zum regulären »Oeffentlichen«, das unter dem Titel »Allgemeiner Gratis-Anzeiger« 1885/86 in einer Auflage von 5000 Exemplaren „jeden Sonntag Morgen“ erschienen war. (Dr. Martin Senner)
18.

Weihnachten 1945 in den Trümmern des Zweiten Weltkrieges, der am 8. Mai 1945 mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht beendete wurde. Im ersten Nachkriegswinter leiden die Menschen an Hunger und Kälte. „Tränen, Tod und tausend Qualen“ ist der Titel des Buches, das der Bad Kreuznacher Journalist Rolf Spenner 1985 über das Kriegsgefangenenlager in Bretzenheim verfasste. Annähernd 200.000 Männer darben auf dem „Feld des Jammers“, an das heute eine Gedenkstätte erinnert. Einer der Gefangenen ist Fritz Schuler, der nach seiner Freilassung als Musikclown „Fypsilon“ weltweit Karriere macht. „Die Chronik vom Leiden und Sterben im Lager Bretzenheim wäre zu düster, zu pessimistisch, ohne Fritz Schuler und den ,Optimisten`, die die Landser damals wieder das Lachen lehrten und die ihren Anteil daran hatten, dass aus mancher Verzweiflung, aus mancher Apathie neue Lebenslust wuchs“, schreibt Spenner. Im Lager hatte sich eine Künstlergruppe den lebensbejahenden Namen „Optimisten“ gegeben. Mit jedem Auftritt wurde sie beliebter. Im Herbst 1945 war eine Lagerbühne mit 400 Sitzplätzen gebaut worden. Noch vor Weihnachten studierten die „Optimisten“ ihre erste Operette ein und führten sie mit großem Erfolg auf. An Heilig Abend hat Schuler, damals 20 Jahre alt, besondere Erinnerungen, In Rolf Spenners Buch heißt es: „Und dann sitzen sie beisammen, knabbern andächtig an ihren Süßigkeiten, tauschen aus, was doppelt ist und singen. „Stille Nacht, heilige Nacht…“ Die Melodie pflanzt sich fort von Camp zu Camp. Sie kommt aus rauen Kehlen. „Stille Nacht, heilige Nacht…“ In den darauffolgenden Jahren durfte die Truppe auch außerhalb des Lagers, im Kurhaus oder in der Aula der Reitschule in der Stadt Bad Kreuznach auftreten und zu Gastspielen in andere Städte und Gemeinden fahren. Das Foto verweist auf die Weihnachtsfeier 1945 im Lager Bretzenheim. Aufgelöst wurde das Kriegsgefangenenlager Bretzenheim zum 31. Dezember 1948. (Hansjörg Rehbein)
17.

Meine ersten Erinnerungen an die vorweihnachtlichen Schaufensterbummel liegen tatsächlich Ende der 60er Jahre. In einer Zeit, als es Ende August noch keine Marzipankartoffeln, Spekulatius oder Lebkuchen zu kaufen gab, waren die buntbeleuchteten Auslagen der Kaufhäuser ein regelrechter Hingucker und eine große Vorfreude auf die kommenden Festtage. Prallgefüllte Vitrinen der Einkaufshäuser zeigten wunderschöne Dinge, die den Alltag „ein kleines bisschen“ angenehmer gestalten sollten. Egal ob ein Pelzmantel für die Dame, Schmuck in Hülle und Fülle oder Getränke und Rauchartikel für den Herrn von Welt, für jede Preisklasse war etwas dabei. Nicht zu kurz durften auch die sogenannten „Gebrauchsgeschenke“ kommen, Mützen, Handschuhe, Pullover, oft selbstgestrickt von Tanten und Omas oder auch die besonderen Haushaltsartikel wie Staubsauger oder Dampfdrucktopf. Aber da gab es ja auch noch die anderen Geschenke: die, für die man sich die Nasen am Schaufenster plattdrückte um ja jedes noch so kleine Detail zu sehen: die Rede ist von Spielwaren! Egal, ob sich in der Auslage eine Carrera-Bahn durch die Rennstrecke drehte, die Märklin-Eisenbahn Passagiere zusteigen lies, Puppen aller Art durch die Schaufenstergestaltung „turnten“, der HINGUCKER für mich sind jedoch seit vielen Jahren die Fenster der Firma Steiff. Da gab es einen Teddybären, der mit Flügeln auf einer Wolke stand und Trompete spielte, kleine Meerschweinchen, die sich unter einer Krippe versteckten. Osterhasen, die mit rotem Pelzmantel bekleidet waren und in großen Säcken kleine Geschenke verstauten. Später kam dann auch immer mehr Bewegung in das Gesamtkunstwerk, die Figuren begannen „zu leben“, mit kleinen Motoren wurden Schlitten gezogen, winzige Enten konnten auf einen See zulaufen, Frau Holle schüttelte die Kissen aus. Auch heute nach mehr als 50 Jahren sehe ich mir immer noch gerne die Schaufenster der Firma Steiff an, auch wenn ich schon lange nicht mehr zur eigentlichen Zielgruppe gehöre. Übrigens: meinen ersten eigenen Steiff-Bären habe ich tatsächlich erst seit drei Jahren…
Auf dem Foto sehen Sie die obere Mannheimer Straße aus dem Nachlass Matthias Luhn, lange bevor die Fußgängerzone „Auto-frei“ wurde. (Petra Pauly)
16.

Im Rahmen des Projekts „ehrenamtlicher Stadtfotograf“ dokumentierte Achim May 2018 für das Stadtarchiv Bad Kreuznach das von der Verwaltung aufgegebene ehemalige Ordnungsamt am Eiermarkt. Auf dem Speicher fand er die hier abgebildeten, ordentlich aufgehängten und leicht in die Jahre gekommenen Lichterketten vor. Aufgrund der Komposition des Bildes, dem Zusammenwirken der verschiedenen, ja konträr zueinanderstehenden und ineinanderfließenden Strukturen und der farblichen Verfremdung des Vorgefunden, muss der Betrachter genau hinsehen, um zu erkennen, was das Foto überhaupt abbildet. Für welchen Anlass wurden die Lichterketten genutzt? Für Weihnachten etwa? Die Nachfrage beim früheren Ordnungsamtsleiter Manfred Schäfer ergab, dass, seiner Erinnerung nach, solche Illu-Lichterketten aus Anlass des Festes rund um die Naheweinstraße angeschafft wurden und zur Ausschmückung der großen Holzpergola dienten, die auf dem Eiermarkt aufgebaut wurde.
So kann´s gehen! Da ist man ganz im adventlichen Weihnachtsfieber und die vermeintliche Weihnachtsbeleuchtung entpuppt sich als schnödes Lichterkettengewirr für ein Fest des Weines. (Franziska Blum-Gabelmann)

15.
Das hätte sich selbst der Brite Henry Cole nicht träumen lassen, als er am 5. Dezember 1843 die erste Weihnachtskarte in Auftrag gab. Cole, Mitbegründer des weltberühmten Victoria und Albert Museums in London, war ein viktorianischer Universalgelehrter. Doch weil er vor den Feiertagen einfach keine Zeit hatte, alle seine Freunde und Kollegen mit persönlichen Weihnachtsbotschaften zu versorgen, beauftragte er den Illustrator John Calcott Horsley, eine Glückwunschkarte zu gestalten, die sich leicht reproduzieren ließ und die man rasch mit einer Widmung versehen und unterschreiben konnte. Der findige Henry Cole ließ gleich eintausend Karten mit dem von Horsley entworfenen Motiv drucken und handkolorierten und brachte sie für einen Schilling pro Stück auf den Markt. Aber das war den meisten Menschen zu teuer – ein Schilling, dafür musste ein Fabrikarbeiter einen ganzen Tag lang schuften. Zudem wurde befürchtet, das Bild von der Weihnachtsfeier könnte viktorianische Werte angreifen, weil selbst der jüngste Sohn der Familie Cole ein Glas Wein in der Hand hielt.
Es sollte über 20 Jahre dauern, bis die Weihnachtskarte in Großbritannien wirklich populär wurde. Das hatte mit drucktechnischen Innovationen zu tun, die zu niedrigeren Preisen führten, außerdem wurden die Postgebühren drastisch gesenkt. Erst jetzt entstanden die typischen Weihnachtskartenmotive mit ihren Winterszenen, Weihnachtsmännern, Rauschgoldengeln und Krippen. Bis zu jenem Zeitpunkt wurden eher Motive zum Valentinstag verwendet…
Die uns allen vertraute Sinngebung der Weihnachtskarten war in erster Linie von der viktorianischen Literatur inspiriert. Charles Dickens Roman ‚A Christmas Carol‘ – zu Deutsch ‚Weihnachtslied. Eine Gespenstergeschichte‘ – hatte da einen großen Einfluss. Gleichzeitig brachte Prinz Albert – Königin Viktorias deutscher Ehemann – eine Reihe deutscher Weihnachtstraditionen auf die Insel, wie den Weihnachtsbaum, Weihnachtskarten, den Adventskalender…(Petra Pauly)
14.

Eine Vorweihnachtszeit ohne Plätzchen backen ist nicht vorstellbar. In diesen Tagen zieht der Duft von Zimt, Marzipan, Spritzgebackenem, Krokant durch die Wohnungen und Häuser. Ich erinnere mich noch gerne an einen Fototermin im Haus der SeniorInnen im Dezember vor vier Jahren. Die Vorschulkinder der städtischen Kita Ria-Liegel-Seitz, Planiger Straße, hatten sich mit den Senioren des Computerkurses in der Küche des Hauses zum gemeinschaftlichen Plätzchenbacken getroffen.
Da leuchteten nicht nur die Augen der Kinder, als sich die Bleche mit ausgestochenen Leckereien füllten und dass ein oder andere Gebäck noch warm verputzt wurde. Gerne unterstützte Hans Sonnet vom Küchenteam des Hauses am Backofen die Aktion.
Die ehrenamtlichen Leitungen des Treffs, Gabriela und Bernhard Thorn sowie ihre Tochter Julia Memmesheimer-Thorn, die als Erzieherin in der städtischen Kita tätig ist, waren die Initiatoren der Generationenbegegnung. Bernhard Thorn (auf dem Foto in der Mitte) ist kürzlich verstorben. Er leistete einen großen Beitrag zur Entwicklung des Hauses der SeniorInnen. „Neben der altersgerechten Weitergabe von Computerkenntnissen waren Ihm die Teilhabe der älteren Generation, der gesellige Austausch sowie der Zusammenhalt von Jung und Alt Herzensangelegenheiten“, würdigten Sozialdezernent Markus Schluss und Dirk Basmer, der die Arbeit im Haus der SeniorInnen koordiniert, sein Engagement. (Hansjörg Rehbein)

13.
Jahrzehntelang war er an der Alzeyer Straße in der Vorweihnachtszeit nicht zu übersehen und leuchtete weithin: Der Weihnachtsbaum der US Army in der Nähe des Offizierscasinos. Die Beleuchtung wurde im Beisein des Standortkommandanten und des Oberbürgermeisters feierlich eingeschaltet (Foto aus dem Jahr 1985 mit Oberbürgermeister Helmut Schwindt). Weihnachten und die Adventszeit waren für die Soldaten mit ihren Familien und den Einheimischen gleichermaßen wichtig. Auf den Straßen sangen Soldaten und deutsche Mitbürger auf den Straßen deutsche und amerikanische Weihnachtslieder, die Weihnachtskonzerte der US Bigband sind unvergessen. Fast jede Kompanie sammelte für Bedürftige Geld, mit dem Spielzeug, Kleider und Lebensmittel gekauft wurde. Soldaten wiederum waren zu Weihnachtsfeiern in die Häuser und Wohnungen deutscher Gastgeber eingeladen. In den 50 Jahren (1951-2001), in denen amerikanische Soldaten mit ihren Familien hier in Bad Kreuznach lebten, sind viele Freundschaften entstanden, die zum Teil noch heute bestehen. (Hansjörg Rehbein)
12.

Skifahren als beliebter Freizeitsport, so zeigt ein Bild aus dem Nachlass Gravius einen Familienspaziergang im Schnee mit Skiern.
Das Wort „Ski“ ist norwegisch und bedeutet so viel wie „gespaltenes Holz“ oder „Scheid“. Auf zwei Brettern zu fahren erleichterte die Jagd im schwer durchdringlichen Schnee schon vor Jahrtausenden enorm. Auch von Frauen fuhren Ski. Da viele sich Pferde und Schlitten nicht leisten konnten, waren sie als günstiges Fortbewegungs- und Transportmittel sehr beliebt.
Im 18. Jahrhundert wurden in der norwegischen Armee bereits Ski-Einheiten aufgestellt und in verschiedenen Ländern begann man mit einer systematischen Skiausbildung im Heer. Auch als Freizeitsport gewann Skifahren zunehmend mehr Aufmerksamkeit. So gründete man 1877 in Norwegen den ersten Skiclub der Welt. Als der Polarforscher Fritjof Nansens im Jahre 1888 Grönland auf Skiern durchquerte und ein Buch darüber verfasste, wuchs die Popularität der neuen Sportart auch in Europa. In den 1890er Jahren erschienen dort die ersten Skivereine in denen zuerst Skandinavische Studenten Unterricht gaben. 1908 wurde im Hochschwarzwald der erste Skilift per Wasserkraft in Betrieb genommen. Er überwand 32 Höhenmeter und war 280m lang. An speziell geformten Zangen wurden die Skifahrer den Berg hinaufgezogen.
Auch im Nahetal zu Füßen des Hunsrücks begeisterte man sich früh für den Skisport. Vor knapp 90 Jahren, am 1.4.1933 gründeten Fritz Rees, Carl Schulz, Georg Wohlleben und Hans Hornlehnert die Skiabteilung im TV Bad Kreuznach, heute VfL 1848 Bad Kreuznach. Im Jubiläumsheft zum 110. Geburtstag des VfL im Jahre 1958 erinnert man sich: „Am Abend des 11.2.1933 standen auf dem Bahnhof ganz neuartige Gestalten in Skidress und mit Skiern zur Reise nach Oberstdorf im Allgäu“. Der Skikurs des Kreises Mittelrhein in der Deutschen Turnerschaft hatte offensichtlich so viel Freude bereitet, dass wenige Wochen später die Skiabteilung aus der Taufe gehoben wurde. 1981 wurde der Kreuznacher Skiclub gegründet. Gemeinsam mit dem VfL bietet er ganzjährig Ski-Gymnastik an. 1936 wurde der beliebte Sport schließlich olympische Disziplin.
Historiker gingen lange davon aus, dass die Ursprünge des Skifahrens in Skandinavien liegen. Bislang galten Funde aus im nördlichen Schweden mit einer Datierung von vor 3200 Jahren als älteste Ski. Anfang des 21. Jahrhunderts jedoch kamen bei Ausgrabungen durch die Russische Akademie der Wissenschaften in einem nordwestrussischen Dorf einige Skifragmente zu Tage, die auf rund 8300 Jahre vor unserer Zeitrechnung datiert werden konnten. So ist die nachweisbare Geschichte des Skis weitaus älter als ursprünglich angenommen. (Sarah Förster, Hansjörg Rehbein)
11.

Je näher die Zeit an die Weihnachtstage heranrückt, desto mehr wünscht man sich einen Platz mit Familienanschluss, wo man die Festlichkeiten gemütlich verbringen kann.
Egal, ob man nur die Bahnstrecke von Bad Kreuznach aus in Richtung Bad Münster oder über Saarbrücken nach Paris fährt, die Bahnschranke an der Rheingrafenstraße ist mit dabei. Bei manch einem fährt auf dieser Strecke schon die Vorfreude auf besinnliche Weihnachten mit festlichem Braten und Weihnachtsplätzchen, einem Christbaum, wunderschönen Geschenken, Freunden und Familie oder Weihnachtsliedern mit, höchstwahrscheinlich summt man ja schon unterwegs das erste Lied: „Last Christmas, I gave you my heart…“ oder auch das besinnliche „Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft…“ und taucht so tiefer in die vorweihnachtliche Stimmung ein. Hauptsache, man ist auf dem Weg nach Hause! (Petra Pauly)
10.
Am 24. Dezember 1926 druckte der Oeffentliche Anzeiger eine mit weihnachtlichen Motiven gestaltete Ausgabe. Auf zwei Sonderseiten griff die Redaktion das Thema des Tages auf: „Weihnachten“. Liebevoll gestaltet hatte sie C.W. Kiesseich. Mit Weihnachtsbäumen und Tannenzweigen, geschmückt mit leuchtenden Kerzen, Engeln und Girlanden aus Tannengrün, Glocken, Lebkuchen und Spielzeugsoldaten gewunden und darüber arrangiert ein Dorf, in tiefverschneiter Winterlandschaft. Die auf den Seiten abgedruckten Gedichte und Geschichten zum „Fest der Liebe“ sollten und konnten den Leser auf die vor ihm liegenden Festtage einstimmen. Im alltäglichen Nachrichtenallerlei versteckte sich ein weiteres Glanzlicht der Zeitungsausgabe - das Weihnachtspreisrätsel.
Die Leserschaft wurde darin aufgefordert, sich über die Weihnachtstage mit dem Rätsel zu beschäftigen und es, wenn möglich, zu lösen. In kurze Verse gebracht sollte dann die Lösung an die Schriftleitung des Oeffentlichen Anzeigers geschickt werden. Als Preis wurden für die Gewinner 50 Bücher in Aussicht gestellt. Einsendeschluss war der 31. Dezember 1926.
Hier das Weihnachtspreisrätsel von 1926:

„Nun ratet, ihr Leute, doch haut nicht daneben,
ich will euch ein Rätsel zum raten jetzt geben:
Es habens nicht alle, doch haben es viele
Und zwar bei der Arbeit und niemals beim Spiele.
Wers hatte, dem fehlt es, wenn mans ihm entrissen.
Wers niemals gehabt hat, wirds niemals vermissen.
Der Schiller, der edle, der hat es besessen,
Beim Goethe hat es das Schicksal vergessen.
Man sieht es beim Rothschild, der Arndtheim führts auch,
beim Millemann aber, da ist es nicht Brauch.
Ihr könnt es in Kreuznach und Simmern beschau’n,
dort seht ihr es täglich bei Männern und Frau’n.
Der eine trägt’s hinten, der andere hat’s vorn,
der Denker im Hirne, der Ochse im Horn.
Der Kaiser darf’s tragen, die Könige nicht,
nun ratet, was will dies verdrehte Gedicht?“
Hätten Sie es gewusst?
Am 13. Januar 1927 wurde das Geheimnis im Oeffentlichen Anzeiger gelüftet. Des Rätsels Lösung formulierte eine Gewinnerin so: „Das r zu finden fiel mir nicht sauer, ich führ´s im Namen „Frau Knochenhauer“.
Insgesamt waren 911 Lösungen eingegangen, darunter Zusendungen aus Amerika, dem europäischen Ausland und dem Deutschen Reich.
Nur 10 Einsendungen lagen völlig daneben. Aufgrund des großen Zuspruchs, die Post hatte sich, so die Redaktion, auf die Größe des Chimborassos aufgetürmt, wurden statt der veranschlagten 50 nun 70 Bücher verschenkt.
Ein einzelner Druck des Preisrätsels wurde im Nachlass von Margot Pottlitzer-Strauß unter ihren Arbeitsproben gefunden. Bemerkenswert, da sie in dieser Zeit immer wieder Artikel etc. für den Oeffentlichen Anzeiger verfasste. Dies verleitet zur Annahme, dass sie die Urheberin des Rätsels sein könnte. Doch leider können wir nach fast hundert Jahren dieses Rätsel nicht lösen. (Franziska Blum-Gabelmann)
9.
Weihnachtsfest im Städtischen Lyzeum 1930
In dem Aufsatz von Lina Hilger „Freude als Grundton des Schullebens“ äußert sie sich über „regelmäßig wiederkehrende schöne Veranstaltungen (…) auf die man sich schon lange gemeinsam freuen, zu denen man gemeinsam die Vorbereitungen“ in der Schule treffen kann. Dazu gehörten in der Adventszeit eine Reihe von Aktionen wie: die Wochenandacht im Halbdunklen mit zunächst einer einzigen Kerze, zu der sich im Verlauf der Wochen weitere gesellten, ein Weihnachtskalender, die Weihnachtsuhr, die Krippe und das Krippenspiel, das als Weihnachtsschulschluss aufgeführt wurde, um „die Herzen warm werden“ zu lassen.

Das Foto aus dem Nachlass Best wurde 1930 in der Aula des Städtischen Lyzeums aufgenommen und zeigt eine Szene des von Lina Hilger erwähnten Krippenspiels, das anlässlich der Weihnachtsfeier der Schule aufgeführt wurde. Erinnerungen ehemaliger Schülerinnen ist zu entnehmen, dass das Krippenspiel einen nachhaltig großen Eindruck bei den Zuschauern und den Akteuren hinterließ. So schrieb z.B. Liselotte Wöhrle 1964 rückblickend: „Als ich zum ersten Mal am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien in der verdunkelten Aula das Krippenspiel miterleben durfte, kam es einer Offenbarung gleich, so bewegte mich dieses Spiel.“ Anne Tesch schildert 1960 ihren Einsatz im Krippenspiel unter den „himmlischen Heerscharen“ als Sopran: „Unser Auftritt dauerte nicht lange. Während der Weihnachtsengel im Schein himmlischen Lichtes Vom Himmel hoch sang, standen wir schon in den Falten des Vorhangs verborgen, um uns nach der Verkündigung mit möglichster Leichtigkeit und Lautlosigkeit um den Schwebenden zu scharen. Nach dem feierlichen Und den Menschen ein Wohlgefallen verschwanden wir wieder. Wenn man es recht betrachtet, hatten wir nur ein Lied zu singen. Umso besser konnten wir unsere Augen und Ohren dem Spiel schenken, was ich denn auch mit größter Hingabe besorgte.“
Das Weihnachtsspiel von Lina Hilger „nach alten Weihnachtsspielen und Weihnachtsliedern“ zusammengefügt, lag 1912 erstmals gedruckt vor. 1960 wurde es auf Initiative des Lina-Hilger-Bund im Bärenreiter-Verlag erneut, mit leichten Veränderungen, verlegt. (Franziska Blum-Gabelmann)
8.

„Pfeffernüsse!
Auf schwachem Feuer löst man ½ Kilogr. Honig
in ½ Kilogr. Zucker auf. Abgefüllt fügt man
200 gr. süße geriebene Mandeln,
etwas gestoßenen Zimmet, Nelken, Kardemon,
geriebene Muskatnuß, 125 gr. feinge=
schnittenes Zitronat, 200 gr. zerlassene
Butter, 2 Eier gut verquirlt, 30 gr. in et=
was Rum aufgelößte Pottasche und soviel
Mehl hinzu, daß das ganze nen festen Teig
ergibt, welchen man einige Tage stehen läßt.“
Emmy Pottlitzer muss gerade kein anderes Papier zur Hand gehabt haben, als sie die Anleitung zur Zubereitung von Pfeffernüssen Anfang des 20. Jahrhunderts abschrieb oder man sie ihr diktierte. Notiert auf einem Briefumschlag mit Bleistift in hastiger, teils ausgebesserter Kurrentschrift lässt vermuten, dass sie das Rezept unbedingt haben wollte – wer weiß – das ist Spekulation. Doch finden sich in ihrem 16,8 x 10 cm großen Notizbuch in Kartonbindung vielerlei solcher handschriftlichen Rezepte, notiert auf Einzelseiten, eingelegten Zetteln und sogar auf einer Grußkarte. Dazu Vermerke von Ausgaben, Schnittmuster, Geburtstagslisten und Zeitungsauschnitte, die sie zwischen den Seiten ihres Notizbuchs aufbewahrte.
Vielleicht regt das Rezept über Pfeffernüsse ja den einen oder anderen an, sich daran zu versuchen. Wir freuen uns über Berichte!
Die Rezeptsammlung von Emmy Pottlitzer (1875-1953) stammt aus dem Nachlass ihrer Schwiegertochter, der Bad Kreuznacher Journalistin Margot Pottlitzer-Strauss (1909-1988). Diese heiratete 1947 Emmys Sohn Max, nachdem sie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nach Großbritannien emigrierte. Ihr Nachlass wird im Haus der Stadtgeschichte mit der Signatur StAKH NL Pottlitzer-Strauß aufbewahrt. (Sarah Förster)
7.

Beemcher gefällig!
Weihnachten ohne Weihnachtsbaum – das ist, wie schon Mitte der 1920er Jahre, als diese Zeichnung entstand, auch heute kaum vorstellbar. Jacob Thon (1884-1936) untertitelt „Beemcher gefällig?“ und skizziert den Weihnachtsbaumverkauf bzw. Weihnachtsbaumkauf um den Bismarckmonumentalbrunnen auf dem heutigen Kornmarkt. Auf seiner Zeichnung stellt er ein Verkaufsgespräch, möglicherweise während des Wochenmarktes, dar. Die weiblichen Hauptakteure könnten unterschiedlicher nicht sein. Eine ältere Marktfrau, mit langem Rock und Schürze gekleidet, angetan mit praktischen aber groben Schuhen und einem Kopftuch, das die langen Haare verdeckt, die am Hinterkopf zu einem Dutt zusammengesteckt sind, spricht zu zwei schick gekleideten jüngeren Frauen in kurzen Röcken und Mänteln, deren Saum jeweils schicklich ums Knie spielen. Auf dem Kopf tragen sie Hüte ganz à la mode, die zu den aufgekommenen Kurzhaarfrisuren, insbesondere dem Bubikopf, passen, und an den Füßen elegante Schuhe. Thon zeigt, dass er in dieser, wie in vielen anderen Zeichnungen, das Wesentliche einer Situation mit einfachsten Mittel darstellen kann. Es treffen vereinfacht Stadt auf Land, Alt auf Jung, Tradition auf Moderne und es scheint, als sei der Weihnachtsbaumverkauf die Kulisse, vor der der Künstler gesellschaftliche Phänomene darstellt.
Ob die Darstellung eine Vorlage für eine Anzeige war, konnte nicht ermittelt werden. Ein Schriftzug, „runter nehmen“ verdeutlicht jedoch, dass er mit der Gesamtkonzeption und Wirkung der Zeichnung nicht zufrieden war. Für diese Bleistiftzeichnung verwendete er die Rückseite eines farbigen Plakats, das er auf das Format 0,27 m x 0,36 m zuschnitt. Dieses Vorgehen, Papier wiederzuverwenden, ist typisch für die Arbeitsweise von Jacob Thon. Im konkreten Fall nutzte er ein Filmplakat, das für einen psycho-analytischen Film in sechs Akten warb: „Geheimnisse einer Seele. Nervosität, Hysterie oder Wahnsinn.“ Der Film, ein Lehrfilm zur Illustration der Psychoanalyse, kam 1926 in die Kinos und bezog sich auf einen von Sigmund Freud geschilderten Fall.
Mit seinen Werbezeichnungen, Grafiken, Kinoreklamen, Dekorationsentwürfen, Karikaturen, illustrierten Geschichtchen, Gemälden und Postkarten hatte sich Jacob Thon nach dem Konkurs seiner Getreidegroßhandlung 1923 und dem darauffolgenden Aufbau eines Reklame-Ateliers schnell einen Namen gemacht. In seinem Nachlass finden sich daher einige Zeichnungen und Werbeentwürfe für Anzeigen zur Adventszeit. Hervor stechen darunter Bleistiftzeichnungen, die durchaus mit humoristischem Anklang Brauchtum, Ereignisse und Alltagsgeschehen in der Vorweihnachtszeit aufgreifen – wie der hier vorgestellte Weihnachtsbaumverkauf. (Franziska Blum-Gabelmann)
6.
Nikolaustag!

Dazu passt die polychrom gefasste gotische Holzfigur im Chor der Bad Kreuznacher Nikolauskirche. Sie zeigt Nikolaus als Bischof in Pontifikaltracht mit Mitra und Bischofsstab – eine Darstellung, die seit dem 13. Jahrhundert für den hl. Nikolaus üblich ist. Bei der hier vorgestellten Skulptur aus der Zeit um 1500 trägt Nikolaus die Bibel, auf welcher drei kleine, runde Brote liegen. Letztere verweisen auf eine der bekanntesten Nikolauslegenden – die der Hungersnot von Myra. Die Figur wurde 1925 in Mainz im Kunsthandel erworben. Formal entsprach sie dem vorgegebenen Konzept, St. Nikolaus im Zuge der Restaurierung einheitlich im gotischen bzw. neugotischen Stil auszustatten. 1927 wurde die Figur gestohlen, doch ein Jahr später reumütig vom Dieb wieder zurückgebracht.
Am 6.Dezember feiert die in der historischen Neustadt gelegene Kirche ihr Patrozinium. Und dies nunmehr seit 756 Jahren!
Graf Johann I von Sponheim plante eine erste Kirche innerhalb der Mauern seiner Ortschaft Crucenach und stiftete die finanziellen Mittel. Tatkräftige Unterstützung durch die Bürger erwartete man durch ein Ablassprivileg, welches vom Mainzer Erzbischof Werner von Eppstein im Jahr 1266 gewährt wurde und als erste Erwähnung der Nikolauskirche gilt. Dicht an Nahe und Ellerbach gelegen, war der Name „St.Nikolaus“ mit Bedacht gewählt, denn die dort wohnenden Fischer verehrten den Heiligen Nikolaus als ihren Patron. Durch den entstehenden Fernhandel und die damit einhergehende Welle der Stadtgründungen im 12. Und 13. Jahrhundert erhielten viele damals errichtete Kirchen in deutschen, baltischen und russischen Küsten- und Hansestädten ein Nikolaus-Patrozinium. Ebenso Gotteshäuser, die im Binnenland an Flüssen lagen, wurden dem hl. Nikolaus geweiht. Zu letzteren gehört auch die Nikolauskirche im mittelalterlichen Ort Crucenach, der sich wie viele andere Siedlungen im Laufe des 13. Jahrhunderts zu einer herrschaftlichen Stadt entwickeln sollte und 1290 vom Habsburger König Rudolf die Stadtrechte verliehen bekam. Über den historischen und später heiliggesprochene Nikolaus gibt es wenig gesicher
te Daten. Er soll in der 1.Hälfte des 4. Jahrhunderts n.Chr. Bischof von Myra gewesen. Er starb um 350 an einem 6. Dezember. Seine Verehrung basiert aber auch auf einen gleichnamigen Abt des Klosters Sion bei Myra, der erst im Jahr 564 starb.
Ethnologen sprechen von einer Verschmelzung historischer Daten zweier Personen zu einer neuen fiktiven Figur. Das Wirken des Nikolaus hat seit dem 6.Jahrhundert zu vielfältigen Legendenbildungen beigetragen, die vor allem seine Menschenfreundlichkeit, seine Hilfsbereitschaft und Mildtätigkeit bezeugen, und dazu führten, dass er zu einem der beliebtesten Heiligen vor allem der Ostkirchen und der lateinischen Kirche wurde. Zahlreiche Berufsgruppen, wie z. B. die oben erwähnten Fischer, die Seefahrer, reisenden Händler, Bäcker, Kaufleute, und Juristen erwählten ihn als ihren Schutzpatron. Er ist aber auch der Schutzheilige der Gefangenen und vor allem der Kinder, die am 6. Dezember nach traditionellem Brauch von ihm beschenkt werden, wenn sie einen Stiefel herausgestellt haben. (Elisabeth van Werden-Troll)
5.

Einen Glühwein mit Freunden und Arbeitskollegen trinken, sich an den geschmückten Buden und dem Lichterglanz rund um die Nikolauskirche erfreuen. In Bad Kreuznach ist es gute Tradition, sich in der Adventszeit auf dem Nikolausmarkt zu treffen. Der Nikolausmarkt hatte 1976 seine Premiere und wurde von Männern aus der Taufe gehoben, die mit viel „Herzblut“ engagiert waren, erzählt Reinhold Stenger, der die Holzbuden damals anschaffte. Stenger tat sich mit seinem Einzelhändler-Kollegen Harald Lehmann, dem Schausteller Eitel Gräff, Peter Anheuser und Marktmeister Manfred Schäfer zusammen. „Wir haben uns andere Märkte angeschaut und haben viele Kunstgewerbehändler für den Nikolausmarkt gewonnen“, erinnern sich Stenger an die Hochphase, in der auch einheimische Gastronomen im Zelt kochten. Das Foto stammt aus dem Jahr 1985. Mitte der 80er-Jahre übernahm die Stadtverwaltung die Regie und hatte im Laufe der Zeit mit einem sinkenden Interesse von Besuchern und Marktbeschickern zu kämpfen. Zu einem Aufschwung kam es als im Jahr 2008 der Nikolausmarkt von einer Arbeitsgemeinschaft der Schausteller übernommen wurde. Das erkennt auch Reinhold Stenger an. „Die Arge leistet gute Arbeit“. (Hans-Jörg Rehbein)
4.
Der erste Weihnachtsmarkt 1932:
„Jetzt naht sie wieder, die fröhliche, selige Weihnachtszeit. Wenn die herrschenden Verhältnisse auch schwer auf uns lasten, unser liebes, deutsches Weihnachtsfest trägt doch immer wieder seinen Zauber in unsere Herzen.“

Doch etwas schien einigen Menschen zur Vervollkommnung der Weihnachtsstimmung zu fehlen: ein Weihnachtsmarkt. Einen solchen auszurichten schlug der Verkehrsverein vor und Bürgermeister Dr. Wilhelm Fritsch (1880-1967) griff den Vorschlag auf. Der erste Weihnachtsmarkt sollte vom 17. – 24.12.1932 auf dem Eiermarkt ausgerichtet werden. Verkehrsverein und Stadtverwaltung waren sich in der Standortwahl einig: „Einen idyllischeren Platz für einen Weihnachtsmarkt kann man sich dafür kaum vorstellen.“ Ein großer Weihnachtsbaum sollte in der Mitte des Platzes aufgestellt werden, unter dem sich Verkaufsstände für Obst, Nüsse, Lebkuchen, Wollwaren, Spielsachen und Tannenbäume gruppieren sollten. Schau- und Fahrgeschäfte sowie der Ausschank von geistigen Getränken sollten verboten sein. Um ein „echter“ Kreuznacher Weihnachtsmarkt werden zu können, sollten nur Bad Kreuznacher Geschäftsleute vertreten sein. Es fanden sich insgesamt 21 Männer und Frauen aus der Stadt, die ihr spezielles Angebot auf dem Eiermarkt präsentieren und verkaufen wollten. Darunter: Willi Ledderhos, Franz Kaul, Peter Bügler, Katharine Fuchs, Maximilian Caan, Franz Motz, Friedrich Rehm, Karl Fickinger u.a. Die Ortspolizeibehörde fertigte einen Plan an, der den Aufbau des Weihnachtsmarktes entsprechend den eingegangenen Bewerbungen zeigt. Darauf eingetragen sind die Namen der Bad Kreuznacher Standbetreiber und die laufenden Meter Standplatz. Rund um das Michel-Mort-Denkmal gruppierten sich die Verkaufsplätze in einem Karree, das von drei Zugängen unterbrochen war. Um die Attraktivität des Marktes zu steigern, fand täglich ein Platzkonzert statt, das von einer 6-Mann-Kapelle bestritten wurde.
Rückblickend bot der Markt „allgemein ein sehr nettes Bild“, und dank der täglichen Kontrolle durch die Ortspolizei blieb der aufgestellte Weihnachtsbaum von Zugriffen verschont. Der Wunsch jedoch, „einen Weihnachtsmarkt zu schaffen, der denselben Ruf und die gleiche Anziehungskraft besitzt wie der anderer Städte“ erfüllte sich nicht. Schon vom dritten Tag an blieben immer mehr Aussteller weg, nicht zuletzt wegen der ungünstigen Wetterlage. Da half auch, entgegen der ursprünglichen Ansage, das Abhalten der beiden Wochenmärkte auf dem Eiermarkt nichts. Das geplante Standgeld wurde wegen des Misserfolgs nicht erhoben. (Franzsika Blum-Gabelmann)
3.

Das Rätsel um die „Kreiznacher Buweschenkel“ ist gelöst!
Vor einigen Jahren bat das Stadtarchiv in einem Artikel, der sich mit der Bubenschenkelverteilung an die Kreuznacher Schulen zu Kaisers Geburtstag am 27. Januar in den Jahren 1896-1901 beschäftigte, sich zu melden, sollte bekannt sein, wie die Bubenschenkel ausgesehen haben und wie sich das Rezept zusammensetzte, aus denen sie hergestellt wurden.
Bisher war bekannt, dass die Bubenschenkel, ein Gebäck, etwa 25 Zentimeter lang, zwölf Zentimeter breit und aus zwei Teilen zusammengesetzt waren, dass sich das Gebäck an den Seiten verbreiterte und in je zwei kugeligen Knöpfen auslief. Unbekannt waren das exakte Aussehen und die Zusammensetzung des Teiges. Jetzt konnte das Geheimnis mithilfe von Bettina Semus-Kizil und ihrer Schwester Bruni Semus gelüftet werden. Deren Vater Eugen Semus betrieb von 1964-1991 eine Bäckerei in Hackenheim. Am Martinstag, dem 11. November, buk der Vater Buweschenkel im Auftrag der Gemeinde. Das goldgelb gebackene Hefegebäck wurde nach dem St. Martins-Umzug an die Hackenheimer Kinder der Grundschule und unter den Anwesenden verteilt. Frau Semus-Kizil erinnert sich: „Ich verbinde sehr schöne Kindheitserinnerungen mit den Buweschenkeln, die mein Vater zu hunderten an diesem Tag buk, und finde es sehr schade, dass diese Tradition von den Weckmännern abgelöst wurde.“ Die Buweschenkelverteilung in Hackenheim stand in einem religiösen, nicht wie in Bad Kreuznach, in einem politischen Zusammenhang. Dies macht insofern Sinn, als man das Hefegebäck in der Mitte durchbrechen und so mit anderen Menschen teilen kann, was einen direkten Bezug zur Legende des Heiligen Martin herstellt. Diese besagt, dass Martin von Tours vor den Toren der Stadt einen Mann ohne Kleider sah. Daraufhin durchtrennte er mit dem Schwert seinen Mantel und gab ihm einen Teil, den sich der Bedürftige umhängen konnte.
Hier nun das Rezept von Bäcker Eugen Semus für all diejenigen, die die Buweschenkel in traditioneller Weise formen und nachbacken wollen:
„Buweschenkel- Hefeteig
(zu St. Martin in Hackenheim)

½ l Milch (etwas anwärmen)
20 g Salz
150 g Zucker
150 g Butter oder Margarine
50 g Hefe (42 g Backhefe-Würfel)
Ca. 1 kg Mehl (405er Weizen oder 630er Dinkel-Mehl)“
Etwas Mehl -> Hefe reinbröckeln-> etwas Milch-> alles zu dünnem Teig verrühren und etwa 30 Min. ruhen lassen … wenn der Vorteig aufgegangen ist und Blasen zeigt -> restliche Zutaten dazugeben und gut kneten -> mindest. 30 Min. gehen lassen (besser 60 min) (Franzsika Blum-Gabelmann)
2.

Von einem leicht erhöhten Standpunkt schauen wir auf zwei kleine Bauern- oder Fischerhäuschen am geschwungenen, verschneiten Ufer eines Flusses oder Sees. Unser Blick folgt zwei Figurenpaaren in Rückenansicht auf dem ebenfalls geschwungenen Uferweg in die Tiefe des Bildes. Dort hinterfangen in der linken Bildhälfte die beiden Häuschen seltsamerweise noch belaubte Baumgruppen. In der rechten Hälfte des Bildes zeichnet sich in noch etwas weiterer Ferne eine verschneit anmutende, teils bergige Hügellandschaft mit leuchtender Silhouette über dem Wasser ab. Beinahe die gesamte obere Bildhälfte ist von wattigen Wolken bedeckt, deren Formen sich verkleinert im beschneiten Rest-Laub der Kronen dreier (Eichen-)Bäume vor den Häuschen wiederzufinden scheinen.
Die Gouache-Malerei auf Karton, die mit „A. Grohé“ links unten signiert, aber nicht datiert ist, verbindet dabei, stets auf Ausgleich bedacht, verschiedene historische Ausprägungen der Landschaftsmalerei, die im 19. Jahrhundert besonders geschätzt wurden. Die malerische Ausführung der Uferlandschaft im Vordergrund und der Wolken in der oberen Bildhälfte lassen an die niederländische Malerei des 16. und 17. Jahrhundert denken. Die drei nur noch spärlich belaubten Bäume mit ihren teils gewundenen Astformen vor den beiden kleinen Häusern, die Lichtsituation während eines Sonnenuntergangs, aber auch die merkwürdig bedrohlich erscheinenden dunklen Risse im Eis am vorderen Bildrand erinnern an die Landschaftsmalerei der Romantik zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Details wie die verschneite mit bunter Wäsche behängte Leine auf dem Balkon des vorderen, größeren Häuschens, die Verzierung der Dachbalken am Dachüberstand, das dunkle Loch im Eis zum Fischen oder das Brennholz im linken Arm größeren Frau des Figurenpaars im Vordergrund sind jedoch in der Art eines Genre-Gemäldes aufgefasst. Genre-Gemälde zeigen mit unterschiedlich großem sozialkritischem Interesse Szenen zeitgenössischen Alltags. In dieser Darstellung Antonie Grohés sind romantisches Erschauern vor der Natur und die Beobachtung zeitgenössischen Lebens in einfachsten Verhältnissen mit altmeisterlicher Malerei zu einem Motiv kompiliert – aus sicherer Distanz.
Das Bild gehört zu einem Konvolut von Arbeiten auf Karton oder Papier und stammt aus einem Teil- Nachlass der Bad Kreuznacher Familie Anheuser. Es wurde bereits digitalisiert und wird nun nach und nach erschlossen. (Caroline Heise)
1.

Das Bild hinter dem ersten Türchen zeigt eines der Ausstellungsplakate des Schlossparkmuseums, seit 2017 Museum Schlosspark, die das Haus der Stadtgeschichte archiviert. Beworben wurde die Sonderausstellung „Kinder-, Winter-, Weihnachtsträume. Buchillustrationen und Adventskalender von Maren Briswalter“. Sie war von Ende Oktober 2012 bis Mitte Januar 2013 zu sehen. Sie zeigte eine Auswahl von Originalillustrationen für Kinderbücher, u. a. für Schneehäschens Stern, Schneehäschens Weihnachtsüberraschung, Holly und Ivy, Nußknacker und Mäusekönig, Nathan der Weise und Das kalte Herz sowie Adventskalender. Parallel dazu wurden im benachbarten Museum für PuppentheaterKultur Illustrationen von Maren Briswalter zum Kinderbuch Pole Poppenspäler gezeigt.
Maren Briswalter wurde 1961 in Thüringen geboren. Sie wuchs in Dresden auf und studierte Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, bis sie 1980 in den Westen übersiedelte. An der Hochschule für Gestaltung in Offenbach schloss sie ein Studium der Visuellen Kommunikation ab.
Sie zeichnete Bildergeschichten für das Fernsehen und hat über 50 Bilderbücher, Kinderbücher und Sachbücher namhafter Verlage illustriert. Maren Briswalter hat drei erwachsene Kinder und lebt in Wallertheim.
Das Motiv des Plakats stammt aus dem Bilderbuch Schneehäschen Stern. Es wurde vom Museum Schlosspark für ein vorweihnachtliches virtuelles Angebot während des Winter-Lockdowns 2020 in Form einer Video-Lesung im Jagdzimmer wieder aufgegriffen, nachdem der geplante Besuch von Kindergarten-Kindern im Museum Pandemie-bedingt nicht stattfinden konnte.
Die von Maren Briswalter illustrierte und gelesene Geschichte über das Weihnachtsbaum-Schmücken der Freund*innen aus dem Wald lädt zum Zuhören, Zuschauen, aber auch zum Sammeln und Basteln mit Stroh, Walnüssen, Bucheckern, Fichtenzapfen, Hagebutten, Bindfaden oder dünnem Draht ein.

Es braucht neben ein paar guten Freund*innen tatsächlich nicht viel für ein schönes Weihnachtsfest…!
Für große und kleine Kinder ab 4 Jahren. Schauen Sie doch (noch)mal rein!
Das Buch ist im Museumsshop des Museum Schlosspark erhältlich. (Caroline Heise)
Gezeichneter Jahresrückblick - Bilder von Bertold Schwartz

2021 war nicht nur Corona. Das erkennt man auch an den zwölf Zeichnungen, die in einem Jahresrückblick in einer Schaufenster-Präsentation im Haus der Stadtgeschichte zu sehen sind. Urheber ist der Lebenskünstler Bertold Schwartz, das Nordlicht, das in der Bad Kreuznacher Neustadt eine Heimat gefunden hat. Bertold Schwartz dokumentiert mit seiner Kamera den Alltag in unserer Stadt und hält seine Motive als Zeichnung fest. Eine große Auswahl der Bilder überließ er auf Wunsch der Stadtarchivarin.
Zu sehen sind u.a. die bunten Schirme, die die Initiative wirsindkreuznach in der Fußgängerzone aufspannen ließ, ein Foto Aquarell von der neuen Farbe in der City, gemeint sind die roten Radwege. Thema ist auch die Trauer, dass wieder ein Jahrmarkt ausgefallen ist und als „Endstation Abwracken“ den Abriss des Hauses in der Lämmergasse 5. Auch „unsere“ Olympiasiegerin Ricarda Funk, Slalom-Kanutin des KSV Bad Kreuznach, hat er treffend beim Empfang auf dem Kornmarkt portraitiert.
Das Haus der Stadtgeschichte verfügt bereits über eine Sammlung von Bildern und Zeichnungen einheimischer Künstler. „Die Aquarelle verweisen auf herausragende Themen des vergangenen Jahres und sind alle Zeugnisse unserer Stadtgeschichte“, freut sich Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann über den weiteren Ausbau dieses Bestandes im Bürgerarchiv ebenso wie über die Möglichkeiten Stadtgeschichte mal anders präsentieren zu können.