Ein grund zum feiern: 100 jahre jugendamt

Soziale Dienste zum Schutz der Kinder und zum Wohl der Familien


Das reformpädagogische Ziel, das bereits in der Gründerphase der Jugendämter in den 1920er-Jahren formuliert wurde, hat sich bis heute nicht geändert: „Vorbeugend die Interessen der Jugend zu vertreten, erzieherisch zu arbeiten und zugleich an der Erziehungsarbeit der Eltern mitwirken.“ Damals wie heute steht die Jugendhilfe in einem extremen Spannungsfeld: Zum einen in der Wächterfunktion mit dem Auftrag die Kinder zu schützen, etwa vor Verwahrlosung und häuslicher Gewalt, zum anderen als Unterstützer und Krisenmanager um Eltern, die mit ihren aktuellen Lebenssituationen überfordert sind, zu helfen.

Vertrauensaufbau zu Eltern sehr wichtig

Trotz der allgemein steigenden Akzeptanz gegenüber der Arbeit des Jugendamtes, hat die Aggressivität und die Gewalt gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den vergangenen Jahren zugenommen.  „Neben der Fachkompetenz ist es daher wichtig Vertrauen zu den Eltern und den Kindern aufzubauen“, sagt Ingrid Pfeifer-Hoecker, SD-Abteilungsleiterin. Alle 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den neun Sachgebieten der Sozialen Dienste verfügen über ein Studium der Sozialarbeit: Sozialpädagogik, Diplompädagoge/in, Erziehungswissenschaften. Die neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Allgemeinen Sozialdienst (ASD) sind in Kinderschutzaufgaben fortgebildet. Die Beratungsgespräche können auch in Polnisch, Ukrainisch, Russisch und Arabisch geführt werden.

Im Team sind Kolleginnen und Kollegen welche unter anderem systemtherapeutisch ausgebildet sind, da die immer komplexer werdenden schwierigen Lebensverhältnisse und die daraus resultierenden Anforderungen für das Helfersystem dies erfordern.

Das Jugendamt hilft in allen Lebenslagen. Das gilt je nach Bedarf auch schon für die Beratung und Unterstützung von jungen Müttern gleich nach der Geburt ihres Kindes. Beispielsweise in den Fällen, wo durch persönliche Lebensumstände der Mutter bzw. der Eltern ein Unterstützungsbedarf festgestellt wird. Im Babyschutzprogramm arbeitet das Jugendamt mit dem Internationalen Bund (IB) zusammen. Hierbei geht es um die Abwägung Risiko-Ressourceneinschätzung. Das bedeutet, dass in dem Babyschutzprogramm nach Unterstützungssystemen innerhalb der Familie durch z.B. Verwandte geschaut wird. Aber auch die Gewährleistung oder Vermittlung eines Krippenplatzes für das Kind kann eine Familie entlasten. Diese Vermittlung schafft viel Vernetzung und Hilfestellung. Ein Großteil der Kinder kann weiterhin in der Familie verbleiben.

Vielfältige Unterstützung und Beratung 

Im weiteren Verlauf einer problematischen Kindheit und Jugend bietet der ASD eine Vielfalt an Beratung und Unterstützung bei der Erziehung an. Das Jugendamt arbeitet mit rund 30 Jugendhilfe-Trägern z.B. AWO, Caritas, kreuznacher diakonie, Internationaler Bund, Projekthaus-KH u.v.m. zusammen. Hinzukommen Kooperationspartner, wie Krankenhäuser, Polizei, Sozialämter, Psychiatrien, Beratungsstellen, Schulen, Kitas, Sozialpädiatrische Zentren, Frauenhäuser, Jobcenter, Drogenberatungsstellen, Ärzte, Hebammen, Gerichte usw.

So können Eltern beispielsweise lernen, ihren Haushalt zu organisieren, oder am Elterntraining teilnehmen. Bei strafffälligen Jugendlichen und auch jungen Heranwachsenden steht die Jugendgerichtshilfe zur Seite und ein Träger bietet Soziale Kompetenztrainings an. Straffällige Jugendliche, insbesondere Drogendelikte, ist ein Problem, das sich entgegen vieler annahmen durch alle Gesellschaftsschichten zieht.

Müssen Kinder und Jugendliche zu ihrem Schutz dauerhaft oder für kurze Zeit aus der Familie, arbeitet das Jugendamt über den Pflegeelterndienst mit Pflegefamilienwichtig ist auch hier, dass der Kontakt zu den leiblichen Eltern aufrecht erhalten bleibt.

Das Jubiläums-Logo: 100 Jahre Jugendamt


Zahl der Pflegeeltern nicht ausreichend

Dem steht entgegen, dass die Zahl jener, die Pflegeltern werden möchten, lange nicht ausreicht um den Bedarf zu decken. Alternativ dazu gibt es die die stationäre Unterbringung in einem Heim oder in einer Wohngruppe. Für die Unterbringung in einem Heim müssen zum Teil weite Wege in Kauf genommen werden. Das Jugendamt sucht und vermittelt passgenaue Plätze in Einrichtungen.

Erschwerend kommt hinzu, dass als Folge der Corona-Pandemie viele Heime geschlossen werden mussten, es daher Heime gibt, die bis zu 200 Anfragen für Heimplätze haben und sich die Kinder und Jugendlichen quasi aussuchen können.

Auch die ambulanten Angebote des Allgemeinen Sozialdienst (ASD) sind breit gefächert: Je nach individueller Bedarfe können Hilfen wie bspw. betreute Gruppen für Mädchen und für Jungen bis ca. zwölf Jahre, soziales Kompetenztraining für Jugendliche, Gruppenangebot für Scheidungskinder, Sozialpädagogische Familienhilfe, Aufsuchende Familientherapie, Erziehungsbeistandsschaften u.v.m. installiert werden. Damit werden die jeweiligen Träger der Kinder- und Jugendhilfe beauftragt. Fortschritte und Ergebnisse werden gemeinsam von ASD und Trägern mit den Minderjährigen und deren Erziehungsberechtigten in regelmäßigen Hilfeplangesprächen reflektiert.

Integration minderjähriger Flüchtlinge eine Herausforderung

Eine große Herausforderung für den ASD und die Gesellschaft überhaupt ist die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Die Kinder haben unfassbares durchgemacht und sind traumatisiert: Kriegsverletzungen, Gefängnis, ja auch Folter, viele haben ihre Eltern verloren und kommen alleine in ein neues Land in eine neue Kultur, wo sie und ihre Betreuer gemeinsam bei null anfangen müssen im Kindergarten und in der Schule.

Dennoch fällt die Bilanz gut aus, besser als die öffentliche Meinung sie über die Politik und die Medien wahrnimmt. 90 Prozent der „unbegleiteten minderjährigen Ausländer“ sind Jungs im Alter zwischen 14 und 17 Jahren. Viele aus der ersten Flüchtlingswelle im Jahr 2015, insbesondere aus Syrien, sind integriert und haben Arbeitsplätze, auch dank der guten Deutschkenntnisse. Die Erfolgserlebnisse tragen wesentlich zur Motivation bei. So in dem Fall, in dem ein junger Afghane nach sechs Monaten Sprachkurs schon so weit ist, dass er eine Ausbildung machen kann. Andere haben ihr Abitur gemacht und studieren.

An der Gesprächsrunde haben teilgenommen: Ingrid Pfeifer-Hoecker, SD-Abteilungsleiterin, Nathalie Löwen (Unbegleitete minderjährige Ausländer und Pflegekinderdienst), Heidrun Höfer (Pflegekinderdienst und Adoptionsvermittlung), Christopher Karras (Netzwerkbüro frühe Hilfen und Kinderschutz), Eugenia Dimitriew (Familiengerichtshilfe), Nicole Prager (Jugendgerichtshilfe), Stefan Oberst (stationäre Hilfen), Anna Kos, Marie Winkler und Robert Ploss (alle ASD)


Foto (v.l.): Marie Winkler (ASD), Heidrun Höfer (PKD), Robert Ploß (ASD), Ingrid Pfeifer-Hoecker (Leitung SD), Christopher Karras (Frühe Hilfen), Nicole Prager (Jugendgerichtshilfe), Eugenia Dmitriew (Familiengerichtshilfe); Nathalie Löwen (UMA); Anna Kos (ASD), Stefan Oberst (Stationäre Jugendhilfe)

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