Dienstag, 11. November: Das Konzentrationslager Esterwegen 1933/34 und der Bericht von Matthäus Wahl

„Nun setzte eine der fürchterlichsten Misshandlungen ein, ein Schreien, Toben, Brüllen, treten, Boxen, Schlagen, Knuffen; unbarmherzig wurden wir misshandelt“, so beschrieb der Gewerkschafter und Sozialdemokrat Matthäus Wahl seine Ankunft im KZ Esterwegen im September 1933. Das Lager war erst kurz zuvor unter Leitung des preußischen Innenministeriums fertig gestellt worden, um dort nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten politische Gegner zu inhaftieren und mundtot zu machen. Matthäus Wahl aus Bad Kreuznach war einer von ihnen.
Dr. Sebastian Weitkamp, Co-Leiter der Gedenkstätte Esterwegen, beleuchtet die Entstehung und Entwicklung der frühen Konzentrationslager im Emsland 1933/34 und illustriert die Ereignisse mit Passagen aus dem Zeitzeugenbericht des Bad Kreuznachers Matthäus Wahl.
Mittwoch, 12. November: Deutsche Kriegsgefangene in Frankreich 1945-1948
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs geraten rund 7,5 Millionen deutsche Soldaten in Kriegsgefangenschaft der westlichen Alliierten: unter anderem in Internierungslager wie das von Bretzenheim bei Bad Kreuznach. Von dort aus werden Tausende von ihnen zur Zwangsarbeit nach Frankreich gebracht, um Aufbauarbeit zu leisten - in der Landwirtschaft, in der Industrie, zur Minenräumung. Einige hadern mit ihrem Schicksal, andere bleiben dauerhaft in Frankreich oder nutzen ihre Kontakte, um sich für den Frieden und für den Aufbau der deutsch-französischen Freundschaft zu engagieren.
In ihrem Vortrag stellt die Historikerin und Autorin Britta Lehna dieses bislang von der deutschen Forschung wenig beachtete Thema dar und präsentiert neue Impulse in der deutsch-französischen Erinnerungskultur.
Donnerstag, 13. November: Zwischen Anpassung und Widerstand: Das Schicksal der Bad Kreuznacher Eheleute Karl und Erna Moritz in der NS-Zeit
Der 1893 in Bad Kreuznach geborene Karl Moritz wird 1925 zum Stadtbürgermeister von St. Goarshausen gewählt. Seine Amtszeit ist mit einer Reihe wichtiger infrastruktureller Maßnahmen verbunden, welche die Stadt sicher durch die Weltwirtschaftskrise bringen. Aufgrund seiner Ehe mit einer „nicht arischen“ Frau wird er 1937 von den Nationalsozialisten zwangspensioniert. Angesichts zunehmender antisemitischer Anfeindungen 1938 siedelt die Familie nach Köln über, wo Moritz als Handelsvertreter arbeitet. Dort wird seine Frau durch verwandtschaftliche Beziehungen in die illegale Widerstandsarbeit der KPD verwickelt. Unter dem Vorwurf der Anstiftung zum Hochverrat werden beide 1943 von der Gestapo verhaftet und im Sommer 1944 vom Volksgerichtshof zu Haftstrafen verurteilt. Während Erna Moritz das Kriegsende überlebt, findet ihr Ehemann als „Schutzhäftling“ im KZ Sachsenhausen den Tod. (Referent Martin Strohmeier).
Freitag, 14. November: Wege der Erinnerung. Stadtführungen zu Holocaust und Nationalsozialismus in Köln und Bad Kreuznach
Zwischen Gedenkgang und Eventführung, Tourismus und lokaler Erinnerungskultur birgt die Stadtführung Möglichkeiten für dezentrale Vernetzung, partizipative (Er)Forschung der eigenen Geschichte, demokratische Bildung und Wissensweitergabe. Wie erinnern wir lokal an die Stadtgeschichte im Nationalsozialismus? Welche Möglichkeiten liegen speziell im Format der Stadtführung? Und wen und was braucht es, um Stadtführungen zu konzipieren, zu organisieren und umzusetzen?
In der Praxis stellen sich dabei Fragen nach Umsetzbarkeit, Finanzierung und der Auswahl von Erinnerungsorten in der eigenen Stadt. Benjamin Peterle-Pick berichtet in diesem Vortrag, ausgehend von seiner Studie zur Geschichte der Stadtführungen zu Nationalsozialismus und Holocaust in Köln, mehr zu Theorie und Praxis des Formats Stadtführung. Im Anschluss an den Vortrag wird Zeit dafür sein, gemeinsam über die lokalen Besonderheiten, Unterschiede und Möglichkeiten von Stadtführungen zu Nationalsozialismus und Holocaust in Bad Kreuznach zu sprechen.
Alle Vorträge beginnen jeweils um 18.30 Uhr im Haus der Stadtgeschichte.
Großes Foto: Die Gedenkstätte des KZ Esterwegen. Dort war Matthäus Wahl von September bis Dezember 1933 inhaftiert. Foto: Gedenkstätte KZ Esterwegen
