Gedenkveranstaltung für die Opfer der Reichspogromnacht

Erinnerung braucht Gesichter


„Erinnerung braucht Gesichter“. Stellvertretend für die Bad Kreuznacher Jüdinnen und Juden schilderte der OB das Schicksal des Bad Kreuznacher Anwaltes Dr. Samuel Georg Arfeld (1896-1962), der 1928 die erfolgreichen jüdischen Sportler Julius und Hermann Baruch verteidigte, die wegen einer Rangelei bei einer Wahlveranstaltung der NSDAP angeklagt waren. Arfeld konnte kurz nach der Reichspogromnacht mit seiner Frau, seinem Bruder Paul und seiner Schwester Gertrude nach Buenos Aires fliehen. Die Neffen Hans und Walter emigrierten nach Israel, Nichte Jenny und ihre Ehemann Walter Teutsch wurden in Auschwitz ermordet. Arfeld kehrte 1953 nach Bad Kreuznach zurück und eröffnete wieder eine Praxis. Er verhalf vielen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in Prozessen über ihr Eigentum „zu Gerechtigkeit, wo Unrecht war“, so der OB. Mit seiner zweiten Ehefrau Käthe Möbius unterstützte er den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde. „Möge das Andenken an Dr. Samuel Georg Arfeld, an Jenny und Walter Teutsch, an die ermordeten und vertriebenen Flüchtlinge und Juden unserer Stadt uns zu wachen, mutigen und verlässlichen Nachbarinnen und Nachbarn machen“. 

Der OB dankte den Schülerinnen und Schülern der IGS Sophie Sondhelm für ihre Beiträge. „Sie halten die Erinnerung lebendig“. In diesem Jahr standen die Eindrücke der Studienfahrt zur KZ-Gedenkstätte Auschwitz im Fokus. Zur Erinnerung an die Gräueltaten Nazideutschlands verfasste Annalena van Elst ein Gedicht: 

Ungewissheit

Seit Tagen auf den endlosen Gleisen
Menschen, viele Menschen, ahnungslos
Aufgeteilt in Gruppen, Menschen sind fassungslos
Beängstigend diese Anblicke, lautes Geschrei

Kinder von Müttern getrennt, ganz allein

Aber wo gehen wir hinein?
In die Gaskammer
Leben oder Überleben, eins von den zwei

Dieses laute Geschrei, es frisst sich in mich hinein

Ekelhafter Gestank und lange Arbeit
Macht uns das frei?
Ich will heim, aber doch nicht allein!

Wie können Menschen so ekelhaft sein?

Niemals vergessen, niemals verzeihen.
Es liegt an uns, es ist unsere Zeit!
Diese unmenschlichen Taten sind nun vorbei!
Oder ist es doch nicht vorbei?

Das Gedicht verbanden die Schülerinnen und Schüler mit einem Appell: 

 „… Verantwortung übernehmen! und deutlich machen, dass Hass und Ausgrenzung keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.  Nur so können wir wirklich aus der Vergangenheit lernen und eine Zukunft gestalten, in der Menschlichkeit und Solidarität herrschen.  Wer heute schweigt, macht morgen Geschichte, aber nicht die richtige.“ 

Zu einer Gedenkminute für die Opfer des 9. November 1938, die Opfer des 7. Oktober 2023 in Israel und für alle Opfer im Nahen Osten rief der Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde Bad Kreuznach, Valeryan Ryvlin, auf. Der traditionelle Antisemitismus sei Vergangenheit. „Jetzt werden die Juden nicht mehr zuerst wegen ihrer Religion und ihrer Rasse verachtet oder gehasst, sondern weil sie einen Staat haben.“ Dies bekämen auch die Juden Deutschland zu spüren, als Folge einer weitestgehend einseitigen Schuldzuweisung Israels. 

Am Ende seiner Ansprache äußert er noch einen Wunsch: „Die jüdische Gemeinde hofft sehr auf eine Entscheidung der Stadt Bad Kreuznach, eine Fläche auf dem Hauptfriedhof zur Erweiterung des jüdischen Friedhofs zu überlassen. Das wäre ein starkes Signal für die nachhaltige Verankerung jüdischen Lebens in Kreis und Stadt Bad Kreuznach." 

Eindrucksvoll auch die Plakatpräsentation der AG „Schule ohne Rassismus“ der IGS Sophie Sondhelm. 


Die Gedenkveranstaltung wurde musikalisch begleitet vom Chor der jüdischen Gemeinde unter der Leitung von Tatjana Feigelmann. Das Schlussgebet El-Male-Rachamim sprach der Kantor Alexander Zakharenko. 


Foto ganz oben: Begleitet von Mitschülerinnen und Mitschülerin trug Annalena van Elst bei einer „szenischen Lesung“ ihr Gedicht „Ungewissheit“ vor. Fotos: Hansjörg Rehbein

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