Serielles Bauen – eine Option für bezahlbaren Wohnraum


Eine Antwort könnte im seriellen Bauen liegen. Karl-Heinz Seeger, Geschäftsführer der Gewobau, führte durch die Geschichte des seriellen Bauens ab den frühen 20ern und zeigte, das Bauen in Serie in Bad Kreuznach keine Modeerscheinung ist, sondern probate Lösungen für rasch umsetzbaren bezahlbaren Wohnbau für den jeweiligen Bedarf bietet. So verlagerte man in der kristallinen Zeit des Art-Déco bereits die Produktionsstätte von der Baustelle in die Fabrikhalle. Seeger zeigte an aktuellen Beispielen der Gewobau wie dem Holzhybrid-Nebau in der Schubertstraße oder dem Projekt Gerbergasse 2 und 2a, welche Vorteile das Bauen mit vorgefertigten Modulen hat. „Durch industrielle Vorfertigung von Bauteilen lassen sich die Baustellenzeiten verkürzen. Insgesamt kann man nach Schätzungen der Wohnungswirtschaft bis zu 20 Prozent an Baukosten sparen, mit dieser Bauweise.“

Auch im Bestand lassen sich die Kosten durch Serienelemente niedrig halten, führte Prof. Dr. Stephan Ruhl von der Hochschule Mainz aus. Ruhl sieht darin sogar eine Notwendigkeit: „Um die Klimaschutzziele zu erreichen sind im Bestand umfangreiche Sanierungsmaßnahmen erforderlich.“ Zunehmende Qualitäts- und Anforderungsveränderungen sowie der Fachkräftemangel führten zu steigenden Neubau- und Sanierungskosten, die die erforderlichen Sanierungen konterkarieren. Die Bauwirtschaft bleibe in der Produktivitätsentwicklung und dem damit verbundenen Kostensenkungspotential hinter der Gesamtwirtschaft zurück. Doch serielles Bauen bzw. serielles Sanieren bietet hier Lösungsansätze. Zum Beispiel die holländische Energiesprong-Initiative, die im im Rahmen einer warmmietenneutralen NetZero-Sanierung, Energie- und Kosteneffizienz durch Industrialisierung des Bauprozesses in Einklang bringt. „Es bleibt abzuwarten, ob das Konzept den Markt revolutionieren und damit den Klimaschutz unterstützen kann.“

Dass Serienbau zu Unrecht einen teils schlechten Ruf hat – viele denken an die tristen Plattenbauten der ehemaligen DDR - zeigte das preisgekrönte Beispiel von Architekt Thomas Kruppa vom Think Tank Foundation of Art and Tectronic (FAT), eine Vereinigung von Architekten und Ingenieuren mit Sitz in Luxemburg. 2016 nahm das Architekturbüro FAT an einem Architektenwettbewerb des Landes Rheinland-Pfalz unter dem Titel „Sozial. Schnell. Gut“ teil.

„Mit der Kombination von Element- und Modulbau lassen sich auch mit Blick auf die Baukosten spannende Akzente setzen“, führte Kruppa in seinem Vortrag aus. Die Vielfalt des Serienbaus sei kein Widerspruch in sich, sondern möglich durch den Einsatz von variablen Elementen, beispielsweise bei Fassaden und natürlichen Materialien wie Holz. Bei der hybriden Bauteil-Elementierung ist die Material-Effizienz hinsichtlich Kosten- und CO2-Reduzierung von Vorteil. Kruppa plädiert zudem für typisierte Ausbaumodelle mit flexiblen Grundrissen, die sich an die Lebensphasen von Familien anpassen lassen.

Von Verwaltungsseite betrachtet, bietet der Serienbau vor allem im Schulbau Möglichkeiten der Kostenersparnis. „Pro Jahr setzen wir etwa 500.000 EUR für die Instandhaltung unserer Grundschulen ein“, erläuterte Klaus Christ, Leiter des städtischen Bauamtes. „Diese Maßnahmen werden dann durch das Land Rheinland—Pfalz gefördert, wenn Energie eingespart werden kann.“ Die Vorteile des Modulbaus liegen für Christ in der flexiblen und schnellen Umsetzung: „Vorteile bringen serielle vorgefertigte Elemente speziell auch für temporäre Lösungen und bei Sanierungen als Zwischenlösung.“

Im anschließenden Talk wurden Fragen der Zuhörer beantwortet. Moderatorin Nathalie Doleschel fragte nach den Entwicklungen von Wohnraum und Zuzug in der Stadt sowie Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Bei der Gewobau warten derzeit rund 600 Personen auf eine freie Wohnung im unteren Mietpreissegment.

„Dass wir mehr bezahlbare Wohnungen brauchen, ist klar“, stellte Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer fest. „Mit dieser Veranstaltung geben wir auch Impulse von außen an die hiesige Bauwirtschaft und die Politik, die die Voraussetzungen schaffen muss, um z.B. serielles Bauen erfolgreich umsetzen zu können.“  Seitens des Gesamtverbands der Wohnungswirtschaft (GdW) wurde den Akteuren mit einer Rahmenvereinbarung zur Verwendung von Typenbauten auch von institutioneller Seite ein wichtiges Instrument an die Hand gegeben*.

Die Gewobau Bad Kreuznach ist unter anderem im Gesamtverband der Wohnungswirtschaft organisiert. Laut GdW gewährt die kürzlich abgeschlossene „Rahmenvereinbarung für serielles und modulares Bauen“ ihren Mitgliedsunternehmen mehrere Vorteile: „Im Durchschnitt niedrige Baukosten auf dem Niveau des Jahres 2016, kalkulierbares Preisniveau für die Vertragslaufzeit von fünf Jahren, Nachlässe bis 25% bei höherer Abnahmemenge, kurze Realisierungs- und Bauzeiten v.a. auf der Baustelle, architektonische und städtebauliche Qualität.“

Quelle: Michael Neitzel, Geschäftsführer InWIS Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung GmbH, Gastbeitrag „Serielles und modulares Bauen – ein wichtiger Beitrag für kostengünstigen Wohnungsbau“, erschienen in „Wohnungswirtschaftliche Daten und Trends 2018/19, Die Wohnungswirtschaft Deutschland (GdW).

Referenten und Gastgeber der Veranstaltung „Alles andere als Platte“: Stadtbauamtsleiter Klaus Christ, Prof. Dr. Stephan Ruhl von der Hochschule Mainz, Architekt Thomas Kruppa aus Luxemburg, Referent Frederik Ruhrort vom Verband der Wohnungswirtschaft Rheinland-Westfalen, Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer und der Geschäftsführer der Gewobau, Karl-Heinz Seeger.

Text und Foto: Nathalie Doleschel, Gewobau

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