Haus der Stadtgeschichte

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Seren Evisen schreibt für das Corona-tagebuch

Wie erlebte ich als Schwangere die Pandemie?


Der Geburtstermin war am 11.6.2020, meine Tochter –Serafin – kam am 18.6.2020 auf die Welt. Mitten in der Pandemie. Zu Beginn der Schwangerschaft hörten wir immer wieder vom Corona Virus, aber es schien so weit weg und China schien doch autokratisch wie es ist alles im Griff zu haben. Doch dann kamen die Bilder aus Norditalien, Bergamo und anderen Städten. Aber auch da hatte ich noch keine Angst, unser Gesundheitsminister und das RKI sprachen von einer Art Grippe, die da auf uns zukomme und Gesunden und Jungen nicht schade. Mein Mann –Journalist – warnte mich und meine Umgebung. Es war Februar und er bestand darauf, dass ich nicht mehr zur Arbeit pendeln sollte, dass das für mich und unser Kind zu gefährlich sein würde.  Home Office bekam ich allerdings nicht gestattet und pendelte noch 1,5 Monate täglich von Mainz nach Bad Kreuznach und zurück. Ich glaube an die Wissenschaft und die war auf Grund der doch eher dünnen Datenlage überzeugt davon, dass es für Schwangere kein Risiko gäbe, einen schweren Verlauf zu haben. Doch immer öfter hörte ich aus meinem Umfeld, dass andere werdende Mütter Blutungen und daran anschließend Frühgeburten hatten. Immer öfter auch, dass Neugeborene oder auch junge Mütter starben. Das schienen zwar vereinzelte Berichte, doch sie fingen an, mir Angst zu machen. Anders als deutsche Wissenschaftler*innen und öffentliche Institutionen wurden Schwangere im Ausland zur Risikogruppe zugeordnet.

Ich war doch erst vor kurzem zurück nach Mainz gezogen, wo ich viele Freund*innen hatte und wollte möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen und nun konnte ich das nicht. Sozialer Austausch erschien mir nun immer gefährlicher, je mehr Berichte ich von Komplikationen in der Schwangerschaft hörte. Ich traf – bis auf 2,3 Ausnahmen – niemanden mehr und zog mich immer mehr zurück, aus Angst, dem Kind könne etwas passieren. Nach einer sehr schweren Geburt musste ich mehrere Tage ohne Besuch im Krankenhaus ausharren und auch im Anschluss daran traf ich bis heute nur sehr wenige Familienangehörige. Inzwischen sagt die Wissenschaft zwar weiterhin, für Mütter und Kinder wären schwere Verläufe eher selten. Doch ich habe inzwischen als freie Journalistin selber viel recherchiert und ja, statistisch gesehen überwiegen die „guten“ Verläufe, aber es gibt eben auch andere, die schweren Verläufe, und bisher ist nicht ganz klar, woran das liegt.

Auch die Langzeitfolgen sind gar nicht so selten, eben auch für Jüngere und auch Kinder. Ich bin sehr vorsichtig und will mein Kind nicht gefährden, ich habe keinerlei „Indoor“ Kontakte, was ich schade finde, denn die Schwangerschaft und die Zeit danach hatte ich mir bunter, lebhafter, sozial kommunikativer vorgestellt.  Alles in allem bin ich dennoch sehr dankbar, dass es uns gut geht, dass wir bisher nichts abbekommen haben. Ich verstehe oft auch die Vergleiche mit dem 2.Weltkrieg nicht. Menschen beschweren sich darüber, dass es uns so schlecht gehe wie nach dem 2. Weltkrieg, das verstehe ich nicht. Wir leben in einer wohlhabenden Industriegesellschaft, wir haben ein System, das viele von uns sozial auffängt, zu keinem Zeitpunkt der Pandemie haben wir eine Knappheit an Lebensmitteln erfahren. Ich denke, dass die Pandemie uns allen vor Augen  führt, wie zerbrechlich der Mensch doch ist und wie wichtig es ist, dass wir jetzt noch einmal über unser Konsumverhalten und die Art und Weise, wie wir mit unserer Natur und natürlichen Lebensräumen umgehen, reflektieren. Nun stehen uns mehrere Impfstoffe zur Verfügung und ich hoffe sehr, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen, damit wir die Pandemie in den Griff bekommen und nicht noch mehr Mutationen entstehen.

Seren Evisen

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