Antifaschistin und KZ-Überlebende: Vermächtnis Hildegard Schäfers in Stein gemeißelt

Wenn ich nicht mehr da bin müsst ihr das machen


Über 200 Menschen waren zu dieser Feierstunde gekommen, zu der Siggi Pick vom Netzwerk am Turm begrüßte. Pick verwies auf das besondere Datum für diesen Anlass. Am 1. Mai 1995, vor 30 Jahren, starb Hildegard Schäfer. Am 8. Mai 1945, vor 80 Jahren, wurde mit Ende des Zweiten Weltkrieges die Menschheit vom Terror des Nationalsozialismus befreit.

Margit Kuhnle von Hunsrücker Frauenkreis der Lagergemeinschaft Ravensbrück verlas ein Grußwort von Rosel Vadehra-Jonas, von 1997 bis 2007 Vorsitzende der Lagergemeinschaft Ravensbrück. Sie erinnerte an ihre Weggefährtin, die sich seit Ende der 80er-Jahre sehr stark in der Lagergemeinschaft des Frauen-KZ engagierte. Hildegard Schäfer sei eine „wunderbare“ Frau gewesen, „aufrichtig und mutig.“ Anne Günster verlas einen Brief von Ingelore Prochnow, die 1944 im Lager Ravensbrück geboren wurde, eine „Zeitzeugin ohne eigene Erinnerung“, wie sie schreibt. Sie schätze den Mut und die Kraft, den Hildegard Schäfer bei ihrem öffentlichen Engagement gezeigt habe.

Elfi Decker-Huppert, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde, ist überzeugt, dass Hildegard Schäfer die Kraft aus ihrem Glauben geschöpft habe. Als ein Beleg dafür führte sie deren Mitgliedschaft im evangelischen Jugendverein an. Das Vermächtnis Hildegard Schäfers will die Evangelische Kirche auch mit Besuchen von Kindern, Jugendlichen und Konfirmandengruppen am Gedenkstein weitertragen.

Linoldruck Thilo Weckmüller aus der Portraitreihe "Trotz alledem", Gestaltung des Titelblattes der Einladung von BAR PACIFICO/Etienne Girardet.

Hildegard Schäfer sorgte dafür, dass die Vereinigung der beiden Lagergemeinschaften Ravensbrück der Bunderepublik und der damaligen DDR 1991 in Bad Kreuznach stattfand.  Sie begründete die Kreisgruppe Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Der Sprecher der VVN-BdA-Ortsgruppe Bad Kreuznach, Volker Metzroth, war mit ihr „eng verbunden“: „Wie mir Hilde erzählte, konnte sie 40 Jahre nicht über das Erlittene sprechen, nur einmal mit ihrer Mutter.“ Sie wurde 1940 von einer Sachbearbeiterin des Arbeitsamtes bei der Gestapo denunziert, weil sie nicht in einem Rüstungsbetrieb arbeiten wollte mit der Begründung, ihr Schwager sei Franzose. Sie wollte nicht Waffen schmieden, mit denen ihr deutscher Bruder auf das französische Familienmitglied schießen müsste. Dafür bezahlte sie mit fünf Jahren KZ und dem Verlust ihrer Gesundheit.  Befreit wurde sie im April 1945 in Hamburg-Eidelstedt „Sie wurde vom Opfer des Faschismus zur Kämpferin gegen den Faschismus“, so Metzroth.

Das letzte Wort gehörte der Bildhauerin Gudrun Schuster, städtische Kunstpreisträgerin des Jahres 2005. Wer Hildegard Schäfers Vermächtnis lesen will, muss sich bewegen, das heißt muss den Stein umrunden. Denn auf dem 1,50 Meter hohen und fünf Tonnen schweren Udelfinger Sandsteinblock liegt ein 30 Zentimeter hoher Sandsteinblock mit der von ihr selbst entwickelten Schreibschrift mit dem Satz „wenn ich nicht mehr bin müsst ihr das machen“. Der Stein symbolisiert die dicken Mauern eines Gefängnisses. In ihn ist ein kleines Guckloch gemeißelt, das die Botschaft „es gibt immer Hoffnung auf einen Ausweg“ vermitteln soll.

Die Feier wurde musikalisch umrahmt von Sonja Gottlieb. Der allgemeine Dank gilt den Spenderinnen und Spendern, die insgesamt 15.000 Euro gaben, sowie der Friedhofsverwaltung für die gute Zusammenarbeit. Erfolgreiche Überzeugungsarbeit bei Bürgermeister Thomas Blechschmidt leistete Stadtratsmitglied Jürgen Locher.

Nicht nur der Gedenkstein erinnert an Hildegard Schäfer. Im Neubaugebiet Rheingrafenblick ist eine Straße nach ihr benannt. Über ihr Leben wurde zudem ein Film gedreht mit dem Titel „Wenn ich nicht mehr bin müsst ihr das machen.“


Foto: Zum Erinnerungsfoto stellten sich die Beteiligten um den Gedenkstein, u.a. Bürgermeister Thomas Blechschmidt (2.v.l.) und die Künstlerin Gudrun Schuster (rechts am Stein stehend). Foto: Hansjörg Rehbein

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