Das Kreuznacher Wahrzeichen ist auch eng mit der Firmengeschichte der Seilerei Wohlleben verknüpft, die 1810 das um das Jahr 1609 erbaute Brückenhaus in der Mannheimer Straße 94 erworben hat. Gut sichtbar prangt dort das Firmenschild der Seilerei Wohlleben, die vor 265 Jahren eröffnet wurde.
Die Firmengeschichte geht auf den „Seilermeyster“ Wendel Wohlleben zurück, der sich 1740 in Bad Kreuznach selbstständig machte, so dass im Jahr 1965 im Geschäftshaus am Kornmarkt das Jubiläum „225 Jahre“ gefeiert werden konnte. Anfang der 1970er-Jahre schloss das Geschäft, das neben Seilerwaren, Sportartikel, Teppiche, Tapeten und Bodenbeläge verkaufte.

Die Hüterin der Familien- und Firmengeschichte ist Gisela Wohlleben. Einer der Schätze, die im Original dem Stadtarchiv übergeben werden, ist das Foto, das zwei Generationen der Wohllebens zeigt: Konrad Georg Wohlleben (1866-1953), Seilermeister, über 30 Jahre Stadtratsmitglied für die Liberalen und wegen seiner roten Haare „Brickeheiser Rotkäppche“ genannt wurde. Stolz präsentiert er sich mit seinen vier Söhnen: Dr. Theodor Wohlleben (1898-1955), Gustav Wohlleben (1900-1976), Ludwig (Lullu) Wohlleben (1903-1968) und Georg Wohlleben (1906-1970), Seilermeister in siebter Generation und der Vater von Gisela Wohlleben.
Bis 1928 wohnten und arbeiteten die Wohllebens im Brückenhaus Mannheimer Straße 94. Für das wachsende Unternehmen reichte der Platz nicht mehr, so dass man ein Geschäftshaus am Kornmarkt eröffnete. In der Jubiläumsschrift „225 Jahre Georg Wohlleben ohG. Bad Kreuznach“ von 1965 ist eine Seite der Seilerei gewidmet: Damals wie heute kam der handwerklichen Fertigung von Schnüren, Leinen und Tauen große praktische Bedeutung zu. Waren es in früheren Zeiten die von der Landwirtschaft benötigten Vieh- und Kälberstricke, Ziehstricke und Ackerleinen, die hier gesponnen, gedreht und geschlagen wurden, so werden heute vorwiegend hochwertige Sicherheits- und Rettungsleinen für das Bauhandwerk, die Feuerwehr und Rettungsdienste hergestellt. Die Bleiche“ lag auf der großen Wiese unterhalb der Mühlenteichbrücke, heute Gelände des CRV.
Den Text nutzten die Inhaber um sich bei Seilermeister Heinrich Gampper (1894-1975) zu bedanken. Gampper war 1963 für seine 50-jähjrige Betriebszugehörigkeit das Bundesverdienstkreuz verliehen worden. „Mit seinen fast 71 Jahren leitet er auch heute noch selbstständig die Seilerei. …haben ihn die frische Luft und täglichen kilometerlangen Märsche über unsere 100 Meter lange `Reeperbahn` jung erhalten.“ Heinrich Gampper war der Vater von Eduard Gampper (1927-2005), ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Bad Kreuznach für Kur und Fremdenverkehrswesen von 1989 bis 1992 und Vorsitzender der Hans und Ilse Staab Stiftung (1997-2005).
Zur Erklärung: Reeperbahn wurden in Norddeutschland die mehrere hundert Meter langen Seilerbahnen genannt. Die Taue wurden von den Seilern „geschlagen“ (gereepert). Daher hat auch Hamburgs berühmte Vergnügungsmeile, die Reeperbahn in St..Pauli, ihren Namen.
Großes Foto: Ein Schmuckstück, die frisch sanierte Fassade des Brückenhauses. Foto: Hansjörg Rehbein