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Stadtarchiv schickte Holocaust-Opfern Dokumente Kreuznacher Vorfahren


Lilian Levy 2017 bei ihrem Besuch in Frankfurt. Foto: Karl Weiler

Sie erinnern an die Befreiung der rund 7600 Gefangenen im Konzentrationlager. Auschwitz am 27. Januar 1945. Allein in Auschwitz wurden über eine Millionen Menschen ermordet. Seit 1996 ist der 27. Januar ein nationaler Gedenktag, seit 2005 wird an diesem Tag weltweit der Opfer des Nationalsozialismus gedacht, Wegen der Corona-Schutzbestimmungen ist eine öffentliche Gedenkveranstaltung nicht möglich.

Nach der Befreiung und einem Aufenthalt in einem niederländischen Waisenheim wird Lilian Dreifuss 1946 nach England gebracht und dort von dem Lehrerehepaar Frieda und Dr. Henry Davidson adoptiert. 1961 heiratet sie Herbert Levy und gründet eine Familie (Sohn Andrew 1964 geb und Tochter Hilary 1967 geb.)

Lilian Levy und ihr Sohn Andrew sind im Jahr 2017 besondere Gäste der Stadt Frankfurt. Seit 1980 lädt die Stadt frühere Bürgerinnen und Bürger, die während der Zeit des Nationalsozialismus aufgrund ihrer Religion, Herkunft oder ihrer politischen Einstellung vertrieben wurden, zu einem Aufenhalt ein, seit 2012 gilt dies auch für deren Kinder. In Frankfurt lebten ihre Eltern Dolf und Hedy Dreifuss. Ihr Großvater Julius Dreifuss wurde als Sohn des Händlers Abaham Dreifuss 1870 in Bad Kreuznach geboren und ging  bereits mit 16 Jahren nach Frankfurt, wo er mit seinem Bruder Rudolph eine Fabrik für versilberte Tafelgeräte für Hotels und Restaurants betrieb. Am 30. Juli 1905 heiratete er Anna Kaan. 1906 kam Sohn Dolf zur Welt.

“Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass ich kaum etwas über meine Vorfahren weiß”, schreibt Lilian Levy in einer E-Mail an Hansjörg Rehbein. Der Mitarbeiter im Haus der Stadtgeschichte hatte über den Verein “Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt” die Adresse von Lilian Levy erhalten, nachdem er im Internet Berichte über das Schicksal der Familie Dreifuss gefunden hatte. Der Verein unterstützt die Spurensuche der Besucher in der früheren Heimat seit Mitte der 80er-Jahre und recherchiert zur Geschichte der Familien und begleitet die Zeitzeugen zu den Wohnadressen oder zu den Herkunftsorten von Eltern oder Großelten in ganz Hessen und darüber hinaus. 

Aus dem Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach  wurden Lilian Levy eine Kopie der Geburtsurkunde ihres Großvaters Julius Dreifuss, die Meldekarte mit allen Familienmitgliedern ihres Urgroßvaters Abrahm Dreifuss und Informationen, die die ehemalige Stadtarchviarin Dr. Andrea Fink bei ihrer Arbeit über die jüdischen Familien in Bad Kreuznach zusammengetragen hat, zugeschickt.. „Haben Sie recht herzlichen Dank für die Unterlagen, die Sie mir aus Ihrem Stadtarchiv zugeschickt haben. Es handelt sich um Dokumente, die ich nie gesehen habe, wusste auch nicht, dass sie überhaupt noch existieren“, schreibt sie in ihrer Antwort-E-Mail.  “Mein Mann ist vor sechs Jahren gestorben; wir waren 53 Jahre verheiratet.  Er stammte aus Berlin und kam mit neun Jahren mit einem Kindertransport nach England. In späteren Jahren haben wir beide bei der Anne Frank Londoner Stiftung gearbeitet, mein Mann als Lehrer und ich als Zeitzeugin.“ Die 81-Jährige arbeitet noch bei der AJR (Association of Jewish Refugees- Verband jüdischer Flüchtlinge)) und zwar für die monatlichen erscheinende Zeitung „The AJR Journal“.

An ihre Großeltern Julius und Anna Dreifuß und an ihre Eltern Dolf und Hedwig (Hedy) Dreifuss erinnern in Frankfurt Stolpersteine vor dem Haus in der Eschersheimer Landstraße, in dem sie ab 1931 wohnten.

“Auch in Bad Kreuznach wird es in diesem Jahr weitere Stolpersteine zur Erinnerung an ehemalige jüdische Mitbürger geben”, kündigt Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer an. Die Vorbereitungen laufen bereits für einen Termin im September. Die ersten sechs Stolpersteine für die Familie Baruch und Auguste Oppenheimer wurden auf Initiative der IGS Sophie-Sondhelm und des Lina-Hilger-Gymnasiums am

Geburtsurkunde von Julius Dreifuß.       Foto: Stadtarchiv Bad Kreuznach

5. Februar 2020 verlegt. Im Rahmen der AG “Erinnerungskultur”, die die  Oberbürgermeisterin ins Leben gerufen hat, ist im ersten Halbjahr 2021 eine Infoveranstaltung zu dem Thema “Wie gewinnen wir mehr  junge Menschen für eine Gedenkarbeit?” geplant.      

Geschichte der Familie Abraham Dreifuß

Abraham Dreifuß (1841-1884) kam am 2. September 1869 nach Bad Kreuznach. Sein Vater Samuel Dreifuß war Händler in Altdorf/Baden Gegen Ende des 19.Jahrhunderts war fast jeder vierte Einwohner Altdorfs jüdischen Glaubens; die jüdische Gemeinde des Ortes war damit die zweitgrößte im Landkreis Lahr in Baden. (Quelle “aus den Jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum”). Abraham Dreifuß führte ein Manufakturwaarengeschäft en gros in der Hochstraße 43.  Der Witwer heiratete 1869 ein zweites Mal. Mit Babette Dreifuß (geb. Bermann, Tochter von David Bermann) hatte er fünf Kinder: Julius (geb. 29.5.1870), Rudolph (geb. 16,2.1872), Thekla (14.3.1873), Auguste (14.1.1875) und Bertha (geb.  24.7.1875).

Nach dem Tod von Babette im Jahr 1879 heiratete er ein drittes Mal. Mit Hedwig Hirsch hat er Tochter Pauline (geb. am 12.6. 1881).

Abraham und Babette Dreifuß sind auf dem jüdischen Friedhof von Bad Kreuznach bestattet. Von Hedwig Dreifuß, geb. Hirsch, ist bekannt, dass sie am 25.Oktober 1913 nach Straßburg zog.

Julius Dreifuss ging im Alter von knapp 16 Jahren nach Frankfurt, sein Bruder Rudolph folgte ihm ein Jahr später. Beide betrieben dort eine Firma für versilberte Tafelgeräte für Hotels und Restaurants. Julius heiratet am 30.Juli 1905 Anna Kaan. Getraut werden sie von dem Rabbiner Dr. Sander. Das Paar flieht vor den Nationalsozialisten nach Luxemburg. Dort geraten sie in die Hände der Nazis. Weitere Infomationen unter http://www.juedisches-leben-frankfurt.de/de/home/biographien-und-begegnungen/biographien-g-l/lilian-und-andrew-levy.html.

Rudolph Dreifuss emigriert mit seiner Frau Rosa geb. Strauß 1940 in die USA. Dort stirbt er 1948, Rosa Dreifuss am 4.1.1971 in Los Angeles. Thekla Dreifuß heiratet 1899 den Kaufmann Julius Schneider. Er stirbt 1941. Auf seinem Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Bad Kreuznach wird auch seiner Frau und seiner Tochter Hildegard als Opfer der Deportation gedacht.  Auf den kaum noch lesbaren Inschriften des Grabsteines stehen auch die Namen von Ernst Buxbaum sowie von Lise und Evelyn Buxbaum, beides geborene Schneider. Das genaue Schicksal von Thekla ist unbekannt. Sie wurde am 26. Juli 1950 durch das Amtsgericht Bad Kreuznach für tot erklärt.

Auf der Gedenkstele für die jüdischen Mitbürger Bad Kreuznach auf der Alten Nahebrücke stehen auch die Namen Julius Dreifuss, von Thekla und Hildegard Schneider sowie von Lise und Evelyn Buxbaum.

Quellen: “Jüdische Familien in Bad Kreuznach vom 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg – Eine Dokumentation, Bad Kreuznach 2001”  und “Jüdische Grabstätten im Landkreis Bad Kreuznach” beides von Dr. Andrea Fink und Adressbuch Bad Kreuznach von 1881.   


Foto ganz oben: Familie Dreifuss, v. l.: Vater Adolf Dreifuss - Großmutter Allerhand - Großvater Julius Dreifuss - Großmutter Anna Dreifuss - Mutter Hedi Dreifuss. Das Foto wurde bei der Verlobung von Adolf Dreifuss und Hedwig Allerhand 1934 gemacht und ist aus dem Privatbesitz von Lilian Levy.  

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