Ein Leben für Recht und Freiheit: Oberbürgermeisterin erinnert an Karl Kuhn



„Karl Kuhn hat in den Nachkriegsjahren, in denen die Menschen unter Hunger und Not litten, Großartiges geleistet“, würdigt die Oberbürgermeisterin die Verdienste des Mannes, den die US Army 1945 zum „Direktor für die Lebensmittelversorgung im Landkreis Bad Kreuznach“ ernannte. Kuhn, damals Lebensmittelgroßhändler, gehörte auch dem Bürgerrat der Stadt Bad Kreuznach an, der sich um den Wiederaufbau kümmerte. Von rund 3500 Wohngebäuden waren in Bad Kreuznach nach einer vorläufigen Schätzung im Mai 1945 rund 18 Prozent total zerstört und 22 Prozent schwer beschädigt und abbruchreif. Die Zerstörung von Industrie und Gewerbe wurde noch weitaus höher eingeschätzt. Gleiches galt für die Versorgungsleitungen Gas, Wasser, Strom.  

Der im vergangenen Jahr verstorbene Ehrenmedaillenträger der Stadt, Richard Walter, hielt auf Einladung der Stadt im Mai 2007 im Stadtratssitzungsaal einen Vortrag über das Leben und Wirken Karl Kuhns. Walter war als Radioreporter des Südwestfunks hautnah bei der „Landtags-Geburt“ dabei. „Dass Bad Kreuznach Tagungsstätte der Versammlung war, ist auch ein Verdienst Kuhns“, erzählte Walter, Zeitzeuge und Chronist der Bad Kreuznacher Nachkriegsjahre.  „Trotz scharfer Blockade konnte Kuhn hinter dem Rücken der Besatzungsmacht gute Verpflegung herbeischaffen.“ Auch der „edle Nahewein“ habe sehr zu der menschlichen und harmonischen Atmosphäre der vom „Verfassungs-Idealismus“ beflügelten Arbeit des Ausschusses beigetragen, wusste Walter von einem „wehmütigen Rückblick“ des Staatsrechtlers und ersten rheinland-pfälzischen Justizministers Dr. Adolf Süsterhenn (CDU) aus Koblenz.

 „Die Beratung im Faust-Haus war alles andere als ein Intermezzo in der Geschichte dieses Land und unserer Heimat. Mit der Not im Nacken (bildlich gesprochen) ging man an die Beratung heran. Nie wurden die Grundlagen der Ernährungswirtschaft so nachhaltig beobachtet und durchforscht und zum Gegenstand der laufenden Beratungen und Entschließungen gemacht wie in diesen Monaten. Man war sich der Gefahren der staatlichen Desorganisation nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches bewusst. Für den Wiederaufbau von Staat und Gemeinde kamen nur die Rechtsgrundsätze der Demokratie in Frage. Nicht zuletzt galt es, die unabhängigen Grundrechte des Einzelnen gegenüber der Staatsallmacht zu verankern und zu sichern.“,  zitierte Walter aus einem Bericht Kuhns.

Richard Walter skizzierte Karl Kuhns Lebenslauf, der 1922 in die SPD eintrat: Kuhn unterrichtete als Lehrer nach dem Ersten Weltkrieg im Rheinland Kinder von Hüttenarbeitern SPD. 1933 suspendierten die Nationalsozialisten ihn vom Schuldienst und kerkerten ihn in die sogenannte „Schutzhaft“ ein. Nach seiner Entlassung wurde er zu seinen Verwandten nach Bad Kreuznach ausgewiesen. 1935 kehrte er ins Rheinland zurück, um Betriebswirtschaft zu studieren. Er konnte sein Studium nicht beenden und wurde im Lebensmittel-Großhandelsbetrieb seines Schwagers in Bad Kreuznach Kaufmann. In den Kriegsjahren organisierte er die Versorgung mit Lebensmitteln.

Nach dem Zweiten Weltkrieg half Kuhn mit die Gewerkschaften und seine Partei neu zu begründen. Er wurde der erste Kreisvorsitzende der SPD, gehörte von 1947 bis 1967 dem Landtag an. Von 1949 bis 1960 war Karl Kuhn Erster Beigeordneter der Stadt und anschließend bis 1965 Bürgermeister. Ausgezeichnet wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und mit dem Ersten Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz. In Bad Kreuznach ist eine Straße nach ihm benannt.

An seinem 85. Geburtstag am 14. Februar 1983 würdigte ihn der damalige Oberbürgermeister Helmut Schwindt: „Sein Lebensweg durchmisst den Aufstieg und Fall des deutschen Nationalstaates, den schrecklichen Marsch in die Katastrophe und den demokratischen Wiederaufbau.“ Drei Jahre später, am 18. Oktober 1986, starb Karl Kuhn im Alter von 88 Jahren. Auch drei Jahrzehnte später ist das gesellschaftspolitische Engagement dieser bedeutenden Persönlichkeit unserer Stadt nicht nur ein Kapitel in der Stadtgeschichte. „In diesen unruhigen Zeiten braucht Demokratie Vorbilder wie Karl Kuhn, der sich sein Leben lang für Freiheit und Recht einsetzte “, so Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer.   


Foto: Ein Kämpfer für Freiheit und Demokratie: Karl Kuhn, Bürgermeister und einer der "Väter" der rheinland-pfälzischen Verfassung.

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